Für einmal sind Männer die Opfer

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Für einmal sind Männer die Opfer

Eine Redaktorin versetzt ihrem Freund einen Schlag gegen den Kehlkopf. Eine Coiffeuse sticht einem Discobesucher mit einer Glasscherbe in den Hals. Am Freitag hatte sich das Zürcher Bezirksgericht mit dem Tabuthema Frauengewalt gegen Männer zu befassen.

«Es ist an der Zeit, sich von der alten Vorstellung zu lösen, dass nur die Männer Schläger und die Frauen die Opfer sind», erklärte Rechtsanwalt Gregor Benisowitsch am Freitag vor dem Bezirksgericht Zürich. Der frühere Zürcher Bezirksanwalt trat als Rechtsvertreter eines 48-jährigen Elektromechanikers vor die Schranken. Der Geschädigte wurde laut Staatsanwaltschaft von seiner 44-jährigen Freundin während eines Streites windelweich geprügelt.

Verbrennungen und Handkantenschläge

Die Anklage berichtet, wie die Redaktorin zunächst eine brennende Zigarette auf dem linken Oberarm und auf dem Rücken ihres Gegners ausdrückte. Dann versetzte sie ihm mehrer Handkantenschläge ins Gesicht. Als er sich mit blutender Nase auf das Bett legte, schlug sie ihm noch auf den Kehlkopf. So stark, dass er während mehreren Tagen kaum mehr sprechen und essen konnte.

«Quatsch», entgegnete die wegen Körperverletzung eingeklagte Angeklagte vor Gericht. Er habe bereits am nächsten Tag herumgebrüllt, wie eh und jeh. Allerdings gab die Angeschuldigte tatsächlich zu, dass sie ihren damaligen Freund geschlagen habe. Wofür der Geschädigtenvertreter eine bedingte Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 70 Franken sowie eine Geldbusse von 1000 Franken sowie Schmerzensgeld von 3000 Franken forderte.

Mit Glasscherbe in den Hals gestochen

Eine zweite Anklage wegen versuchter schwerer Körperverletzung richtete sich gegen eine 20-jährige Coiffeuse. Sie hat im Zürcher In-Klub «Kaufleuten» einen heute 23-jährigen Discobesucher attackiert und ihm mit einer Glasscherbe in den Hals gestochen und erheblich verletzt. Wofür die Staatsanwaltschaft eine bedingte Freiheitsstrafe von 16 Monate verlangte.

Keine unschuldigen Opfer

Die Plädoyers der Verteidiger zeigten jedoch auf, dass es sich bei den geschädigten Männern nicht um klassische, unschuldige Opfer handelte. So hatte sich im ersten Fall der Elektromechaniker nur wenige Wochen später revanchiert und seine Freundin äusserst brutal verprügelt. Er wurde dafür bereits zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.

Beim Vorfall im «Kaufleuten» hatte der Mann den Streit vom Zaun gerissen. So soll er die Angeklagte zuerst geohrfeigt und als Schlampe beschimpft haben. Erst dann ging die Schweizerin zum Angriff über. Das Gericht wird die Urteile über die beiden Frauen nächste Woche eröffnen.

Attila Szenogrady

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