Ticketskandal in Peking?Ausverkauft - und doch halb leer
Die Organisatoren melden hochoffiziell ausverkaufte Spiele. Alle Tickets seien unter die Leute gebracht worden. TV-Bilder zeigen eine andere Wahrheit. Schuld daran ist eine Besonderheit im Pekinger Ticketverkauf.
Vor allem im Beachvolley sind die leeren Sitze im Hintergrund nicht zu übersehen. Interessieren sich die Chinesen nicht für die «Sandhasen»? Doch. Aber hier werden für viele Sportarten - wie Tennis oder eben Beachvolleyball - nicht Tickets für einzelne Spiele, sondern Tageskarten verkauft. Die Fans kaufen also nicht ein Billett für einen bestimmten Match, sondern für einen ganzen Tag.
Selbst die Harcore-Fans ziehen sich nicht das ganze Beachvolley-Tagesprogramm rein. Das erste Spiel beginnt in der Vorrundenphase um 09.30 Uhr, das letzte um 22.00 Uhr. Zudem ist gerade der Besuch der Beachvolley-Konkurrenz für die Chinesen auch ein «olympisches Picknick», Man trifft Freunde, hat viel Spass, kümmert sich um die Kinder, geht essen - da ist wirklich nicht jeder ständig auf seinem Sitz.
Der Schweizer René Fasel sitzt im 15-köpfigen Exekutiv-Komitee des IOC, also im innersten Macht- und Machzirkel der Olympischen Bewegung. «Wir haben die Problematik des Tagekarten-Systems erkannt. Es ist nicht gut, wenn im Fernsehen leere Tribünen zu sehen sind.»
Wie bei den Winterspielen 1998
Das Phänomen der ausverkauften, aber halb leeren Arenen habe es, so Fasel, schon einmal gegeben: bei den Olympischen Winterspielen 1998 in Nagano. Damals wurden auch Tageskarten verkauft und offiziell gab es fürs erste olympische Turnier mit NHL-Stars keine Tickets mehr. In der Vorrunde, wenn mehrere Spiele an einem Tag ausgetragen wurden, blieb das Stadion bei den weniger attraktiven Partien halb leer. Fürs Finale hatten die Kanadier in Erwartung des ersten Olympiasieges seit 1952 zwei Drittel der Tickets gekauft. Dann flogen sie im Halbfinale gegen die Tschechen raus - und keiner wollte dann das Finale Tschechien gegen Russland (1:0) sehen. Fasel: «Ein halbleeres Stadion beim olympischen Finalspiel wäre untragbar gewesen. Wir haben deshalb kurzfristig beschlossen, dass die freiwilligen Helfer gratis zum Spiel dürfen. So haben wir das Stadion doch noch bis auf den letzten Platz gefüllt.»
Helfer müssen einspringen
Merke also: Ausverkauft heisst bei Olympischen Spielen nicht immer volles Stadion. Und eine ausverkaufte Arena bedeutet noch lange nicht, dass jeder, der im Stadion sitzt, ein Ticket gekauft hat. So sind jetzt auch Volunteers ins Beachvolleyball-Stadion beordert worden. Diese gelb gekleideten Fans sollen ein ausverkauftes Bild vermitteln.