Olympia-EröffnungsfeierNicht süss genug: Partei liess Sängerin hängen
Mit ihrer «Ode ans Vaterland» hat die kleine Chinesin Lin Miaoke bei der Olympia-Eröffnungsfeier Millionen Landsleute und Fernsehzuschauer in aller Welt gerührt. Jetzt stellte sich heraus: Das niedliche, sieben Jahre alte Mädchen bewegte bei dem Spektakel nur die Lippen - gesungen hat ein anderes Mädchen.
Die wirkliche Sängerin, die ebenfalls siebenjährige Yang Peiyi, war den Organisatoren offenbar nicht hübsch genug. Auf Drängen eines Politbüromitglieds sei das Mädchen am Freitag in letzter Minute ausgetauscht worden, sagte der musikalische Leiter der Zeremonie, Chen Qigang, am Dienstag in einem Interview von Radio Peking.
«Wir mussten uns entscheiden. Es war fair gegenüber Lin Miaoke und gegenüber Yang Peiyi», sagte Chen. «Wir kombinierten die perfekte Stimme mit der perfekten Aufführung.» Im chinesischen Fernsehen verneinte die ausgebootete Peiyi die Frage, ob sie ihre Ausladung bedauere. Es sei schon allein eine Ehre, dass ihre Stimme für die Eröffnungsfeier benutzt worden sei, gab sie zur Antwort.
In Internet-Blogs empörten sich viele Chinesen über das Manöver. «Das ist wie das Synchronisieren einer Trickfilmfigur», schrieb beispielsweise Luo Shaoyang, ein Arbeiter aus Peking. Er machte sich Sorgen, welche Folgen der Vorfall für die weitere Zukunft der Mädchen haben wird. «Das schadet dem Ruf beider Kinder», befand er. Am schlimmsten sei die kleine Miaoke dran. «Jetzt weiss jeder, dass sie eine Betrügerin ist. Wenn kümmert es da noch, dass sie süss ist.»
Ein Foto von Peiyi auf der Internetseite Sina.com zeigt die Kleine als lächelndes Mädchen mit Ponyfrisur und schiefen Zähnen. Ihre Lehrerin beschrieb die Kleine als goldig, wohlerzogen und als Liebhaberin von Peking-Opern. «Sie spielt sich nicht gerne in den Vordergrund, sie ist unbekümmert», schrieb Wang Liping in einem Blog.
Erst vor kurzem hatte sich herausgestellt, dass die spektakulären Fernsehbilder von dem über Peking explodierenden Feuerwerk ebenfalls nicht originalgetreu waren, sondern dass besondere Aufnahmen digital in die Fernsehübertragung hineingemixt wurden. Hintergrund war offenbar die Sorge, dass nicht alle 29 Explosionen von den Fernsehkameras erfasst werden könnten.
Der Führung in Peking ging es bei dem Massenspektakel vor allem darum, ein perfektes Schauspiel zu bieten, das die Volksrepublik als weltoffenen Olympia-Gastgeber präsentieren sollte. Damit sollten aus chinesischer Sicht die ärgerlichen Vorgänge vor Beginn der Spiele, vor allem die Sorge um die Luftverschmutzung in Peking und die Kritik an der Tibet-Politik, in den Hintergrund gedrängt werden. (dapd)