Frauen-NatiDie packenden Biografien der Eishockey-Girls
Bislang kannte man unsere Eishockey-Girls, die am Donnerstag um Olympia-Bronze spielen, kaum. Dabei sind ihre Lebensgeschichten sehr spannend. Eine Auswahl:
Da wäre etwa die sensationelle Goalie-Frau Florence Schelling (24). Sie ist auch das Glamour-Girl im Team – mit einem Brillanten an den Zähnen und als Ex-Freundin von NHL-Crack Yannick Weber. Zum Goalie wurde die Zürcherin, weil sie ihre älteren Brüder (einer davon ist Kloten-Verteidiger Philippe Schelling) beim «Hockeylen» in der heimischen Garage jeweils ins Tor stellten.
Nach Lehrjahren in Nordamerika spielt Schelling, die beim Internationalen Eishockey-Verband IIHF arbeitet, inzwischen wieder mit Männern – beim EHC Bülach in der 1. Liga. Gleiches gilt auch für Ersatzgoalie Sophie Anthamatten (22) – ebenfalls in der 1. Liga beim EHC Saastal.
Einst in Kerzenfabrik, jetzt Torschützin an Olympia
Selbiges bleibt Feldspielerinnen aus regeltechnischen Gründen verwehrt. Verteidigerin Sarah Forster (20) sagte man bereits mit 15, sie dürfe nun nicht mehr bei den Junioren des HC Ajoie mitspielen. Deshalb trainiert sie nur noch im Jura – für die Spiele schliesst sie sich den Frauen des HC Lugano an. Ziemlich viel Aufwand, aber er führte die einzige Welsche im Team immerhin ins Bronze-Spiel der Olympischen Spiele.
Einen noch grösseren Umweg nahm dafür Jessica Lutz (24) in Kauf, dank einem Schweizer Vater schweizerisch-amerikanische Doppelbürgerin, lebend in Washington. Um für die Nati auflaufen zu können, musste sie zuerst zwei Jahre in der Schweiz spielen. Das tat die Stürmerin ab 2010 und jobbte in Bern unter anderem als Nanny, dann in einer Kerzenfabrik und später im Service des In-Lokals «Lorenzini». Inzwischen liess sich die Schweizer Torschützin beim 1:3 im Halbfinal gegen Kanada zur Barista weiterbilden.
Die beiden Zwillingspärchen Benz und Marty
Speziell ist auch, dass es gleich zwei Zwillingspärchen gibt: Die Winterthurerinnen Laura und Sarah Benz (21) und die Aargauerinnen Julia und Stefanie Marty (25). Die Benz-Sisters studieren beide an der Uni Zürich, Laura Medizin, Sarah Jura. Beide hatten zuvor schon Stipendien für US-Colleges in der Tasche, doch da sie sich über Jahre hätten verpflichten müssen, entschieden sie sich für einen Verbleib in der Schweiz – die Ausbildung geht vor. Nun spielen sie stattdessen für die Frauenabteilung der ZSC Lions.
Dieser gehörten auch Julia und Stefanie Marty an, ehe sie sich nach ihren abgeschlossenen Mastersstudien – in Volkswirtschaft und Sportphysiologie – entschlossen, zwecks optimaler Olympia-Vorbereitung für ein Jahr nach Schweden zu wechseln. Nur lässt sich als Spielerin des Linköping HC nicht leben, also sammelten sie auf der Crowdfunding-Plattform von Fechter Fabian Kauter und Kanute Mike Kurt mit einem Video Geld. Göttis des Projektes waren Männer-Nati-Captain Mathias Seger und SP-Ständerätin Pascale Bruderer. 6000 Franken waren das Ziel, 6150 Franken kamen zusammen, so waren die Mietkosten gedeckt. Noch wissen die Martys nicht, ob sie nach Olympia weiterspielen oder ganz auf die Karte Beruf setzen.
Meistertitel über drei Generationen
Mit Rücktrittsgedanken befasst sich Aline Müller noch nicht, denn sie ist erst 15. Und trotzdem hat sie bereits Olympia-Geschichte geschrieben. Sie ist nicht nur die Jüngste in der 163-köpfigen Schweizer Delegation, sondern auch die jüngste Spielerin, die je an einem olympischen Eishockey-Turnier der Frauen teilgenommen hat.
Doch wer denkt, dass die Winterthurerin deswegen hinten anstehen muss, liegt falsch. Zu gut ist Müller läuferisch, zu talentiert ist sie mit dem Puck, deshalb gehört sie auch als «Teenie» bereits dem ersten Sturm der Schweizer Nati an, die heute um Bronze spielt. Das Hockey-Gen liegt übrigens in der Familie. Ihr Bruder Mirco (18) ist einer der talentiertesten Schweizer Verteidiger und arbeitet in Nordamerika an einer NHL-Karriere.
Auf ihr Hockey-Gen kann übrigens auch Nina Waidacher (21) vertrauen, sie ist die Tochter von Ludwig Waidacher (53), in den 70er- und 80er-Jahren Verteidiger beim EHC Arosa und dem ZSC. Auch ihr Grossvater Ludwig Waidacher Senior (85) war Eishockeyspieler und über drei Generationen haben die Waidachers eines gemeinsam: Sie wurden alle bereits Schweizer Meister. Die männlichen mit dem EHC Arosa, Nina, die inzwischen im College of St. Scholastica studiert und spielt, mit den ZSC Lions.