Chinesen im Ausland«Unsere Touristen sind relativ unzivilisiert»
Nach dem Vandalismus-Akt in Luxor fragt sich China, wann seine Landsleute im Ausland endlich Benehmen lernen. Dabei könnten sie auf die Erfahrungen anderer Nationen zurückgreifen.

«Ding Jinhao war hier», ist auf dem 3500 Jahre alten Relief zu lesen. (Screenshot: weibo.com)
Die Verschandelung eines antiken Steinreliefs im ägyptischen Luxor durch einen chinesischen Teenager hat in dessen Heimat eine Grundsatzdiskussion über das bisweilen unflätige Benehmen chinesischer Touristen im Ausland ausgelöst. Auch andere Zwischenfälle, die auf der Mikroblogging-Plattform Weibo dokumentiert sind, lassen manchen Bürgern in der Volksrepublik die Haare zu Berge stehen.
Da gibt es Paare, die Heiratsurkunden fälschen, um auf den Malediven ein kostenloses Upgrade in die Honeymoon-Suite zu bekommen. Eine Mutter, die ihre Kinder am Flughafen von Taipeh auf den Boden urinieren liess – wenige Meter von den Toiletten entfernt (immerhin hatte sie zuvor den Boden mit Zeitungspapier ausgelegt).
Kein Land entsendet mehr Touristen
Vize-Regierungschef Wang Yang sah sich diesen Monat gezwungen, das «unzivilisierte Verhalten» seiner Landsleute in ungewöhnlich harschen Worten zu kritisieren: «Sie machen furchtbaren Radau an öffentlichen Orten, kritzeln ihre Namen in Denkmäler, gehen bei Rot über die Strasse und spucken überall hin», sagte er. Dies füge dem Ansehen Chinas in der Welt schweren Schaden zu.
Auf ihrer Website gibt die Regierung den Touristen einige Ratschläge mit auf den Weg ins Ausland: Angemessen kleiden, artig anstehen, nicht schreien. Die «South China Morning Post» betont, dass sich die übergrosse Mehrzahl chinesischer Touristen tadellos verhält. Auch würden viele Länder von ihnen profitieren. Laut der Welttourismusorganisation steht China mit jährlich 83 Millionen Touristen und Ausgaben von 102 Milliarden Dollar weltweit an der Spitze.
Früher waren es Japaner und Russen
«Objektiv gesehen haben unsere Touristen relativ unzivilisierte Charaktere», sagte Tourismus-Experte Liu Simin gegenüber der «South China Morning Post». Viele Chinesen würden zum ersten Mal ins Ausland reisen und seien mit den lokalen Verhaltensregeln nicht vertraut. Das Phänomen auffälliger Touristen aus aufstrebenden Nationen ist weder neu noch auf China beschränkt: Ähnliche Vorwürfe wurden vor nicht allzu langer Zeit gegen Amerikaner, Japaner und Russen erhoben.
Irgendwann wird sich die Aufregung legen: «Reisen ist eine Lernerfahrung für Touristen», sagte Wang Wanfei, Tourismus-Professor an der Universität Zhejiang. «Sie lernen die lokale Kultur zu absorbieren und ihr schlechtes Benehmen abzulegen.»