JustizirrtumUnschuldiger kommt nach 20 Jahren frei
Unzuverlässige Zeugen, schlampige Ermittlungen, schlechte Verteidiger: Der New Yorker Richard Rosario sass offenbar die Hälfte seines Lebens zu Unrecht hinter Gittern.

«Meine Familie hat das nicht verdient, ich habe das nicht verdient»: Richard Rosario. (Archivbild)
KeystoneNach 20 Jahren Haft wegen eines mutmasslichen Justizirrtums kommt der New Yorker Richard Rosario frei. Das Oberste Gericht in der Bronx kippte am Mittwoch den Schuldspruch gegen ihn. Rosario war für einen Mord 1996 in New York verurteilt worden, obwohl er damals 13 Zeugen für ein Alibi genannt hatte. In dem Fall wird nun neu ermittelt.
Rosario weinte und lachte, als Richter Robert Torres seine Verurteilung zurücknahm. «Ich bin seit 20 Jahren im Gefängnis für ein Verbrechen, das ich nicht begangen habe», sagte der heute 40-Jährige. «Meine Familie hat das nicht verdient. Ich habe das nicht verdient, und die Familie des Opfers auch nicht.»
1000 Meilen entfernt
Es ging in dem Fall um den Mord an dem 17-jährigen Jorge «George» Collazo, dem am 19. Juni 1996 in der Bronx auf offener Strasse in den Kopf geschossen worden war. Rosario wurde festgenommen, weil zwei Zeugen ihn nach einem Polizeifoto identifiziert hatten. Andere Indizien oder Beweise für Rosarios Tatbeteiligung gab es nicht.
Er gab an, zum Zeitpunkt des Mordes 1000 Meilen entfernt bei Freunden in Florida gewesen zu sein und nannte mehr als ein Dutzend Leute, die dies bestätigen sollten. Nach Angaben von Rosarios jetzigen Anwälten kontaktierte die Polizei viele der möglichen Zeugen aber gar nicht. Seine damals vom Staat bestellten Pflichtverteidiger überprüften die Angaben auch nicht vollständig. Ein Paar, das zugunsten des Angeklagten aussagte, wurde für unglaubwürdig erklärt, weil es mit ihm befreundet war.
Paradebeispiel für falsche Verurteilung
Rosarios Anwälte bezeichneten den Fall als typisches Beispiel für unzuverlässige Augenzeugenberichte, eine schlechte Verteidigung und die Schwierigkeiten, einen Schuldspruch rückgängig zu machen. Denn Rosario hatte mehrfach vergeblich versucht, das Urteil anzufechten. «Es ist wirklich ein Paradebeispiel für eine falsche Verurteilung», sagte Anwalt Glenn Garber. «Aber er blieb dran, und endlich bekommt er zumindest etwas Gerechtigkeit.»
Zuletzt setzte sich auch Staatsanwalt Darcel Clark dafür ein, das Mordurteil gegen Rosario zurückzunehmen. Aber aus seiner Sicht ist damit der Fall für Rosario noch nicht erledigt. «Wir werden den Mord an George Collazo weiter untersuchen», erklärte Clark. (chk/sda)