Mindestens 235 Tote bei Erdbeben in Ecuador

Aktualisiert

Erdbeben in EcuadorMindestens 235 Tote bei Erdbeben in Ecuador

Nach dem stärksten Erdbeben seit 1979 ruft Ecuador den Notstand aus. Die Deza hat drei Experten zur Abklärung nach Quito entsendet.

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Beim schwersten Erdbeben in Ecuador seit vier Jahrzehnten sind am Wochenende mindestens 235 Menschen ums Leben gekommen, 1557 weitere verletzt. Die Behörden seien in «grösster Alarmbereitschaft». Präsident Rafael Correa rief für mehrere Regionen den nationalen Notstand aus. Unter den Trümmern wurden viele weitere Tote vermutet. Nach Angaben der kanadischen Behörden waren zwei Kanadier unter den Todesopfern.

Laut Vizepräsident Jorge Glas wurden 14.000 Sicherheitskräfte, 241 Mediziner und zwei mobile Krankenstationen in die am stärksten betroffenen Regionen geschickt. Verstärkung wurde aus Kolumbien und Mexiko erwartet. Das Beben traf vor allem die bei Touristen beliebte Pazifikküste Ecuadors. Es war sogar im Norden von Peru und im südlichen Kolumbien zu spüren.

Das Epizentrum lag gemäss der US-Erdbebenwarte USGS in einer Tiefe von 19 Kilometern und 170 Kilometer nordwestlich der ecuadorianischen Hauptstadt Quito. Dort war es noch so fest zu spüren, dass Panik ausbrach, Gebäude wackelten oder einstürzten. Alle öffentlichen Veranstaltungen in Quito wurden abgesagt. Das Beben war in der Hauptstadt rund 40 Sekunden lang zu spüren. In mehreren Stadtteilen fielen der Strom und das Handynetz aus.

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400 Tote alleine in Pedernales?

Für die Evakuierten seien fünf Schutzunterkünfte eingerichtet worden. Die Bergungsarbeiten nach dem Beben mit Epizentrum in der westlichen Provinz Esmeraldas kamen nur langsam voran.

Der Bürgermeister des im Epizentrum gelegenen Urlaubsortes Pedernales am Pazifik rechnete mit bis zu 400 Toten allein in seiner Stadt - viele von ihnen könnten in den Trümmern der rund 40 eingestürzten Hotels liegen. «Pedernales ist verwüstet», so Bürgermeister Gabriel Alcívar. Er bat um Hilfe, während Dutzende Gebäude in der Kleinstadt eingestürzt und Menschen verschüttet worden seien. «Das war nicht nur ein Haus, das eingestürzt ist, sondern eine komplette Stadt. Wir brauchen Hilfe. Wir brauchen Medikamente, Wasser und Lebenmittel, um den Menschen zu helfen.»

«Als ginge die Welt unter»

Die Stärke des Bebens wurde von der USGS zunächst mit 7,4 angegeben, anschliessend aber auf 7,8 erhöht. In der Stunde nach der Erschütterung, die nach Einbruch der Dunkelheit geschah, kam es zu rund 55 Nachbeben, einige davon mit einer Stärke von 6. Der Flughafen in der Stadt Manta an der Pazifikküste musste geschlossen werden, weil der Kontrollturm beschädigt war. Auch der internationale Airport von Guayaquil wurde stillgelegt. Dämme und Öl-Pipelines wurden ebenfalls ausser Betrieb genommen.

«Es war, als ginge die Welt unter. Häuser krachten zusammen, Lichter gingen aus, die Menschen sind vollständig verzweifelt, unter den Trümmern liegen Verschüttete», berichtete die 40-jährige Hausfrau Miriam Santana aus Manta.

400 Kilometer entfernt wurden noch Menschen verschüttet

Die 60-jährige María Torres erlebte das Beben in Quito, wo Lichtmasten und Kabel hin- und herschwankten. «Mein Gott! Das war das schlimmste Erdbeben in meinem ganzen Leben. Es dauerte eine ganze Weile. Mir war schwindlig, ich wollte auf die Strasse rennen, aber ich konnte nicht - zu sehr drehte sich mir der Kopf», sagte sie.

Die grössten Schäden gab es im Nord- und Südwesten des Landes. Aber sogar aus dem 400 Kilometer vom Epizentrum entfernten Guayaquil, der grössten Stadt des Landes, wurden Schäden gemeldet: Nach Behördenangaben stürzte eine Brücke ein, dabei wurde ein Autofahrer getötet. Ein Mädchen starb, als das Dach eines Einkaufszentrums zusammenbrach.

Die in Guayaquil lebende Carlota López war im Auto unterwegs, als die Erde zu beben begann. «Ich hatte grosse Angst, dass die stark schwankenden Stromkabel oder Strassenleuchten auf mein Fahrzeug stürzen würden», sagte sie AFP per Telefon. «Wenig später ging in der ganzen Stadt das Licht aus. Mein Auto bewegte sich, als werde es mit starker Hand von aussen ferngesteuert.»

Warnung vor Tsunamis

Das Pazifische Tsunami-Warnzentrum teilte mit, gefährliche Tsunamiwellen seien an einigen Küstengebieten möglich. Während die Regierung keine Tsunamiwarnung herausgab, forderte Glas die Küstenbewohner seines Landes auf, sich in höher gelegene Gebiete zu flüchten. Orte nahe dem Epizentrum wurden als Vorsichtsmassnahme evakuiert.

In einem Telefonat mit Radio Pública sagte Correa, Hilfsteams aus Mexiko und Kolumbien würden in Ecuador bei der Suche nach Verschütteten helfen. Aus den beiden Nachbarländern Ecuadors lagen zunächst keine Berichte über Todesopfer vor.

Der zum Zeitpunkt des Bebens im Vatikan weilende Staatschef Rafael Correa erklärte den Familien der Opfer sein Mitgefühl. Er rief seine Landsleute auf, angesichts der «nationalen Tragödie» Ruhe zu bewahren und «einiger denn je» zu sein. Der Präsident, in dessen Abwesenheit sein Stellvertreter Glas die Amtsgeschäfte führte, wollte noch am Sonntag nach Ecuador zurückkehren und die betroffenen Gebiete besuchen.

In einem Telefonat mit Radio Pública sagte Correa, Hilfsteams aus Mexiko und Kolumbien würden in Ecuador bei der Suche nach Verschütteten helfen. Aus den beiden Nachbarländern Ecuadors lagen zunächst keine Berichte über Todesopfer vor.

DEZA-Experten nach Ecuador

DEZA klärt Bedürfnisse vor Ort ab

Auch das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) wurde wegen des schweren Bebens aktiv. Einerseits sei eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden, welche die Situation im Erdbebengebiet verfolge, teilte das EDA mit. Bundesrat Didier Burkhalter werde über die Entwicklungen laufend informiert.

Andererseits begaben sich noch am Sonntag drei Experten der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) von Kolumbien und Bolivien aus nach Ecuador. Dort verstärken sie die Schweizer Botschaft in Quito und halten sich bereit, die Bedürfnisse in den Katastrophengebieten abzuklären. Bis Sonntagabend MESZ habe es keine Anhaltspunkte gegeben, dass Schweizer Staatsangehörige vom Beben betroffen waren, teilte das EDA weiter mit.

Die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini stellte rasche finanzielle und technische Hilfe Europas in Aussicht. Ecuadors Präsident Correa gab 600 Millionen Dollar (532 Millionen Franken) Nothilfe frei. Mehr als 14.000 Mitarbeiter der Sicherheitskräfte und zwei mobile Krankenhäuser wurden in die Katastrophenregion entsandt.

Ecuador liegt auf dem sogenannten Pazifischen Feuerring. An dem Vulkangürtel stossen gleich mehrere Kontinentalplatten und ozeanische Platten aneinander. Diese sind ständig in Bewegung, weshalb Erdstösse keine Seltenheit sind. (chi/sda)

Zwei Millionen Franken für Ecuador

Die Schweizer Glückskette stellt ihren Partnerorganisationen für die Hilfe im ecuadorianischen Erdbebengebiet zwei Millionen Franken zur Verfügung. Das Geld kommt aus dem permanenten Hilfsfonds der Glückskette für Lateinamerika.

Die Glückskette verzichte auf einen Spendenaufruf. Die Kriterien dafür seien trotz der Schwere des Erdbebens nicht erfüllt, teilte die Glückskette am frühen Sonntagabend in einem Communiqué mit. Ecuador gelte als Land mit genügenden Mitteln für die Bewältigung eines solchen Ereignisses. Zudem seien nur wenige Partner der Glückskette in Ecuador im Einsatz.

Zwei Millionen für Ecuador

Zwei Millionen für Ecuador

Die Schweizer Glückskette stellt ihren Partnerorganisationen für die Hilfe im ecuadorianischen Erdbebengebiet zwei Millionen Franken zur Verfügung. Das Geld kommt aus dem permanenten Hilfsfonds der Glückskette für Lateinamerika.

Die Glückskette verzichte auf einen Spendenaufruf. Die Kriterien dafür seien trotz der Schwere des Erdbebens nicht erfüllt, teilte die Glückskette am frühen Sonntagabend in einem Communiqué mit. Ecuador gelte als Land mit genügenden Mitteln für die Bewältigung eines solchen Ereignisses. Zudem seien nur wenige Partner der Glückskette in Ecuador im Einsatz.

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