Auge um AugeFull Contact im Namen des Herrn
Sie beten, bevor sie zuschlagen: Die «Fight Church» in Las Vegas verbindet Nächstenliebe mit Nahkampf. Kampfsport-Pastor Josh Boyd stellt seine Kirche vor.
Mixed Martial Arts (MMA), also Vollkontakt-Kampfsport, hat in Las Vegas Tradition. Dass der Ring nun aber auch in einer Kirche aufgebaut wird, ist neu.
«Wir haben die Fight Church im Herbst vergangenen Jahres gegründet», erklärt Josh Boyd. Er hatte die Idee, Christentum und Kampfsport zu verbinden und ist der Gründer der ungewöhnlichen Gemeinschaft. «Ich war zuvor zehn Jahre lang Pastor in Indiana und kam mit Freunden nach Vegas. Wir wollten eine brandneue Kirche ins Leben rufen. Sie schlossen sich dann einer bestehenden Kirche an, aber ich wollte etwas anderes machen. Etwas weniger traditionelles.»
«Zu Beginn etwas skeptisch»
Das ist dem Gottesmann gelungen, denn auf den ersten Blick wollen Schläge und Tritte nicht mit Predigen und Beten nicht zusammenpassen. «Ich war immer ein Fan des Sports und seit wir nach Vegas gezogen sind, bin ich zu Live-Kämpfen gegangen», erläutert Boyd den Werdegang. «Ich habe die Kämpfer getroffen und mich mit einigen angefreundet. Irgendwann habe ich beschlossen, das Geistliche zu übernehmen, weil es niemand gemacht hat.» In jedem anderen Profisport in den USA gebe es Geistliche.
Ein «Fight Church»-Interview mit Kämpfer Carl Postma. Quelle: YouTube/fightchurchlasvegas
Wie waren die Reaktionen als er seine Mission aufnahm? «Nun, zu Beginn waren die Leute in der MMA-Gemeinschaft etwas skeptisch», räumt Boyd ein. «Weil der Sport so rapide wächst, wollen viele Leute schnelles Geld machen und die Community war zurückhaltend. Aber weil wir freiwillig gearbeitet haben und gezeigt haben, dass wir da sind, um zu helfen, haben sie uns akzeptiert. Die traditionelle Kirche ist dagegen noch zurückhaltender und es ist schwer für uns, Unterstützung zu bekommen.»
Blutsport im Kopf
Nur wenige Hirten und Schäfchen verstünden, dass die Fight Church Menschen erreicht, die sich von etablierten Geistlichen keine Predigt halten lassen wollen. «Viele Leute können die Gewalt des Sports nicht ausblenden. Sie haben ein Bild aus Zeiten im Kopf, als MMA als Blutsport galt. Dabei ist es heute ein ganz klar geregelter Sport.» Und was ist mit der Gegenseite? Wurde der Pastor vor dem Ring ausgelacht? «Kaum. Wenn, dann von Fans.»
Den Einwand, dass die Bibel schreibt, man solle auch die andere Wange hinhalten, lässt Boyd nicht gelten. «Als Jesus davon sprach, meinte er, man solle Respekt zeigen. Bei MMA kämpfen Leute nicht aus Hass, es ist ein sportlicher Wettbewerb. Es ist ein Test. Sie haben eingestimmt, sich herauszufordern und aneinander zu messen. Sie sind nicht respektlos oder wütend.» Wer mit Hassgefühlen in den Ring steige, würde ohnehin schlechter kämpfen, glaubt der Gottesmann.
«Die Kämpfer haben Probleme wie jeder andere auch»
Der Pastor, der als MMA-Fan in die Stadt der Spieler und Kämpfer zog, schnürt mittlerweile selbst die Boxhandschuhe. «Aber eigentlich nur für die Fitness und damit ich Kontakt
mit den Jungs habe.» Ein Erfolg sei für ihn, wenn er jemandem helfen kann. «Wir treffen dauernd Jungs, die Stress haben. Es gibt Situationen, in denen Leute Probleme mit Drogen oder ihrer Ehe haben. Wir reden und beten mit ihnen.»
So hart geht es in der MMA-Szene zu. Quelle: YouTube/StreetMadeTeam
«Die Kämpfer haben Probleme und brauchen Hilfe wie jeder andere auch» sagt Boyd. Gemeinschaftsgefühl und Einstellung seien wichtig. Wenn er seine Arbeit mache, predige er nicht im wörtlichen Sinne, sondern will durch Taten und persönliche Kontakte wirken. «Wir sind da, weil uns die Leute wichtig sind. Wir verbreiten Gnade, Barmherzigkeit und Liebe.»
Eine Vision hat Josh Boyd am Ende auch. Eine Fight Church in jeder grösseren Stadt. Die zweite Fight Church ist bereits geplant. In Texas – in Corpus Christi. Wenn das kein Omen ist!