Achtung, Kannibale!

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Ferien in der SüdseeAchtung, Kannibale!

Auf der südpazifischen Insel Nuku Hiva soll vergangene Woche ein Deutscher Opfer eines Menschenfressers geworden sein. Das Ferienparadies hat eine blutige kannibalische Vergangenheit.

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Täter Henri Haiti (grosses Bild) lud Stephan R. zur Jagd ein. Der Deutsche wurde seither nie mehr gesehen. (Screenshot: Bild.de)

Täter Henri Haiti (grosses Bild) lud Stephan R. zur Jagd ein. Der Deutsche wurde seither nie mehr gesehen. (Screenshot: Bild.de)

Berichte von angeblichem Kannibalismus im Südpazifik haben bis im letzten Jahrhundert die Fantasie von Anthropologen und Ethnologen angeregt - der Deutsche Stephan R. und seine Partnerin Heike D. mussten dies allerdings am eigenen Leibe erleben. Das Paar war seit drei Jahren auf einer Weltumsegelung unterwegs. Vor wenigen Wochen ankerten die beiden vor den Marquesas-Inseln.

Auf der Insel Nuku Hiva lernte der deutsche Unternehmensberater den Jäger Henri Haiti kennen. R. folgte vergangenen Samstag einer Einladung des Einheimischen zur Jagd - und kehrte nie zurück. Seine Partnerin wurde kurz darauf von Haiti entführt und sexuell belästigt. Heike D. konnte fliehen und die Polizei alarmieren. Erste Ermittlungen ergaben, dass der inzwischen flüchtige Jäger sein Opfer gebraten und gegessen haben muss. Ein Blick in die Geschichtsbücher lässt allerdings sofort erkennen, dass Kannibalismus zur Tradition der kriegerischen Völker auf den Marquesas gehört.

Eine lange Tradition auf den Marquesas

Die Kultur der Marquesas gilt als eine der gewalttätigsten im südpazifischen Raum. Bevor die europäischen Eroberer kamen und ihre Krankheiten mitbrachten, lebten etwa 100 000 Menschen auf den Inseln. In den fruchtbaren Tälern waren Stammeskriege und Kannibalismus an der Tagesordnung. Zu Ehren der Götter wurden Menschen geopfert. Noch heute wachen mysteriöse Steinfiguren über den heiligen Tempelanlagen, auf denen dieses schaurige Spektakel zelebriert wurde.

Die Insel Nuku Hiva, «Insel der Schönheit», ist übersät mit Zeugnissen der grauenvollen Vergangenheit. Mitten im Dschungel befindet sich «der Heilige Baum», ein Ficus mit einer vier Meter tiefen Höhle, in der Feinde festgehalten wurden. Diese brachte man nach zwei oder drei Tagen zum Tempelplatz, wo sie geopfert wurden. Ihnen wurde der Kopf abgeschlagen; er gehörte den Priestern. Der Körper wurde roh oder im Erdofen gebacken verzehrt.

Im malerischen Typee-Tal lebt das aggressivste Volk auf Nuku Hiva – die Typee-Kaika-Enana, die Typee-Menschenfresser. Bis heute finden Forscher Totenschädel in dieser Gegend. Das letzte Menschenopfer soll es 1826 gegeben haben. Lange waren die kriegerischen Traditionen der Marquesaner verboten. Heute pflegen sie sie wieder. In den letzten Jahren arbeiten die Urenkel der Kannibalen ihre schreckliche Vergangenheit aktiv auf.

Auch Vanuatu kennt den Kannibalismus

Auch auf Vanuatu, etwa 5000 Kilometer von Nuku Hiva entfernt und ebenfalls mitten in der Südsee gelegen, leben die Nachkommen von Kannibalen. Dabei gilt die Insel Malekula als eine Kannibalen-Hochburg. Ein Stamm hat dort sogar bis 1969 Menschen gegessen. Die meisten haben jedoch früher damit aufgehört. Auch christliche Missionare landeten übrigens in den Erdbacköfen, die beiden ersten vor 170 Jahren.

Wenn ein Mensch gegessen wurde, erklärt Häuptling Alban im Dokumentarfilm «Vulkane, Wracks und Kannibalen», gab es immer einen bestimmten Grund dafür. «Es war vor allem eine Strafe, wenn man sich den Befehlen des Häuptlings widersetzt hatte. Niemand wurde einfach so gegessen.»

Auf Malekula gibt es noch bestimmte Plätze tief im Busch, wo Schädel und Knochen aufbewahrt werden, auch die der letzten Kannibalen-Opfer der Gegend. Jeder Stamm hatte eigene Essgewohnheiten. Einige assen ihre Feinde, andere assen Männer, die mit der falschen Frau erwischt worden waren. «Beim Essen gab es eine spezielle Regel. Auf Malekula wurden Menschen nicht am Tage gegessen, nur nachts», sagt der Häuptling weiter.

Zunächst habe man einige Rituale am Körper des Opfers vorgenommen. Die Körperteile wurden dabei nie beim Namen genannt. «Wenn man einen Finger gegessen hat, hat man nicht gesagt, dass es ein Finger war.» Die Kannibalen sassen um den Ofen herum und assen im Stillen. Keiner habe sich mit einem Körperteil entfernen dürfen. Wer diese Regeln nicht befolgt habe, sei «selber zum Opfer geworden», erzählt der Stammesführer.

Heutzutage verwende man Schweine als Opfer oder als Entschädigung. «Wenn zum Beispiel ein Ehemann seine Frau mit einem Liebhaber erwischt, dann bekommt er ein Wildschwein», sagt er zum Schluss. Weil Polizei und Behörden weit weg seien, gelte an solchen Orten auch heute noch das Wort des Häuptlings.

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