Zerstörtes Hochhaus stand auf Öl-Kanistern

Aktualisiert

Erdbeben in TaiwanZerstörtes Hochhaus stand auf Öl-Kanistern

Nach einem Beben der Stärke 6,4 werden in der Millionenstadt Tainan noch immer Menschen aus Trümmern geborgen. Auch unglaubliche Baumängel kommen ans Licht.

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Mehr als 48 Stunden nach dem Erdbeben auf Taiwan werden in der Millionenstadt Tainan immer noch Menschen aus den Trümmern geborgen. Mehr als 100 Menschen werden weiter vermisst. Die Zahl der Todesopfer stieg auf mindestens 38 an.

Rund zehn Gebäude waren bei dem Beben der Stärke 6,4 eingestürzt. Die meisten Vermissten werden in den Trümmern eines 16-stöckigen Hochhauses vermutet, das bei dem Beben umgestürzt war. Unter dem Schutt seien weitere Überlebende ausgemacht worden, die aber nur schwer zu erreichen seien, sagten Retter.

Speiseölkanister als Bausubstanz verwendet

Die Behörden haben den Verdacht, dass Pfusch am Bau die Ursache dafür gewesen sein könnte, dass das Gebäude dem Beben nicht standhielt. Tatsächlich bestätigen erste Bilder des umgestürzten 16-stöckigen Gebäudes den Verdacht der Behörden: Hier war meisterlich gepfuscht worden.

So fand man in den offengelegten Stützpfeilern des Gebäudes tatsächlich Blechkanister, die offenbar als «Bausubstanz» verwendet worden waren. Die Kanister – Speiseölkanister, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet – waren in regelmässigen Abständen gesetzt worden, und die Lücken dazwischen mit Betonmischung aufgefüllt worden, was für «Stabilität» sorgen sollte.

Rettungsarbeiten kommen nur schleppend voran

Zuletzt waren die Rettungsarbeiten zermürbend langsam vorangegangen, doch gab es für die Helfer Momente der Hoffnung: Wie lokale Medien am Montag berichteten, konnten die Bergungskräfte mehrere Menschen retten, die bei dem Beben am Samstagmorgen unter den Trümmern begraben worden waren.

Zu den Geretteten gehört ein Mann, der rund 55 Stunden verschüttet gewesen war. Er war zwar schon einen Tag zuvor entdeckt worden, die schweren Trümmerteile, die ihn einklemmten, mussten aber erst mit Hilfe von Kränen vorsichtig angehoben werden.

Stunden zuvor hatten die Helfer bereits eine Frau aus den Trümmern gezogen, die ins Spital gebracht wurde. Ihr Mann, der sich während des Bebens schützend über sie geworfen haben soll, konnte dagegen nur tot geborgen werden.

Über 500 Menschen wurden bei dem Beben verletzt. Es müssten Vorkehrungen getroffen werden, damit sich ähnliche Zerstörungen nicht wiederholten, sagte Taiwans Präsident Ma Ying-jeou am Sonntag.

Das Epizentrum des Erdbebens lag in Meinong nahe der Hafenstadt Kaohsiung. Die Region ist dicht besiedelt. Allein in der südlich von Tainan gelegenen Stadt Kaohsiung leben 2,8 Millionen Menschen. Zeitweise war die Strom- und Wasserversorgung für Hunderttausende unterbrochen.

Das Beben war auf der ganzen Insel zu spüren. Ein noch schlimmeres Erdbeben hatte sich in Taiwan 1999 ereignet, als 2400 Menschen ums Leben kamen. Das Beben damals erreichte die Stärke 7,3. (gux/sda)

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