Sikh nimmt Turban ab – und wird als Held gefeiert

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NeuseelandSikh nimmt Turban ab – und wird als Held gefeiert

In der Öffentlichkeit müssen Sikhs einen Turban tragen. Ausser in besonderen Situationen. Harman Singh weiss das.

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Harman Singh zeigte Zivilcourage.

Harman Singh zeigte Zivilcourage.

Harman Singh ist Sikh. Der Inder hält die Regeln seiner Religion strikte ein. So trägt er in der Öffentlichkeit immer einen Turban. Oder besser: fast immer. Einmal hat er ihn abgenommen – und wird nun auf den sozialen Medien als Held gefeiert.

Doch von Anfang an: Der 22-jährige Singh studiert im neuseeländischen Auckland Wirtschaft. Vergangenen Freitag hatte er eigentlich mit einem gemütlichen Tag gerechnet, als er plötzlich das Quietschen von Autoreifen hörte. Singh rannte vor sein Haus und sah einen kleinen Jungen blutend auf der Strasse liegen. Er war von einem Auto angefahren worden.

«Das ist meine Aufgabe: Helfen»

Neben dem Jungen stand die Mutter, erzählte Singh dem «New Zealand Herald». Doch die Frau war sichtlich unter Schock. Also kniete sich der 22-Jährige beim Verletzten nieder, wickelte seinen Turban ab und bettete den Kopf des Kindes darauf. «Ich habe nichts überlegt. Ich habe einfach gesehen, dass der Junge aus einer Kopfwunde blutete und dass ich handeln musste. Das ist meine Aufgabe: helfen», sagte er.

Der Junge hatte bei dem Unfall lebensgefährliche Verletzungen erlitten. Im Spital wurde er sofort operiert. Sein Zustand ist stabil, er befindet sich auf dem Weg der Besserung, schreibt der «New Zealand Herald».

«Freundschaftsanfragen von Wildfremden»

Ihren Turban dürfen Sikhs in der Öffentlichkeit eigentlich nicht abnehmen. Das bestätigte Gagan Dhillon gegenüber dem «New Zealand Herald». Er war vor Ort und beobachtete Singhs Verstoss gegen das religiöse Gebot: «Wir Sikhs respektieren unseren Turban. Wir würden eher sterben, als ihn abzunehmen. Aber das war ihm egal. Er wollte nur diesem kleinen Jungen helfen.»

Singh hatte die Menschlichkeit über das Einhalten religöser Regeln gestellt. Aus gutem Grund, sagte er. Denn vor ein paar Monaten war er Zeuge, als eine ältere Frau umfiel und mit ihrem Kopf auf dem Boden aufschlug. Er habe seinen Turban nicht abgenommen, um die Verletzte weicher zu betten, so Singh. Danach habe er seinen Entscheid bereut und sich geschworen, das nächste Mal anders zu handeln.

Seinen Eid konnte Singh einlösen, als der Junge vor seinem Haus angefahren wurde. Und erntet dafür Lob aus der ganzen Welt: Als der Student am Tag nach dem Unfall aufstand, quollen seine Social-Media-Accounts über von Botschaften. Menschen weltweit feierten ihn als Helden. «Wildfremde schickten mir Freundschaftsanfragen auf Facebook, Tausende gratulierten mir zu meiner Tat. Dabei hatte ich doch nur getan, was ich tun musste», sagte Singh.

Bewunderung via Twitter:

«Tägliche Dosis Menschlichkeit: Harman Singh brach das religiöse Gebot, um sich um ein verletztes Kind zu kümmern», schrieb die neuseeländische Menschenrechtskommission:

Auch Ärzte sprachen Singh ihren Respekt aus.

«Harman Singh und der Turban der Hoffnung – Liebe ist der wahre Ausdruck des Glaubens», schreibt ein Erzbischof.

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