«Ohne Duschen droht Brasilien eine Revolte»

Publiziert

Wasserknappheit«Ohne Duschen droht Brasilien eine Revolte»

Brasilien geht das Wasser aus. Das bedroht vor allem die Dusch-Kultur des Landes. Für viele eine Katastrophe, geniesst Duschen doch einen sehr hohen Stellenwert.

von
nsa
Ein brasilianischer Bub unter der Dusche. Am 13. März 2015 geht Brasilien das Wasser aus.

Ein brasilianischer Bub unter der Dusche. Am 13. März 2015 geht Brasilien das Wasser aus.

Während der langen subtropischen Sommermonate in Rio de Janeiro muss Viviana Vargas zwei- bis dreimal täglich duschen, um sich halbwegs frisch zu fühlen. Die Verkäuferin ist nicht die Einzige: Ihre Landsleute sind Umfragen zufolge Weltspitze in puncto Körperwäsche. Die Brasilianer springen demnach im Durchschnitt zwölfmal pro Woche unter die Dusche. Wegen einer historischen Trockenheit befürchten nun aber viele, ihren Wasserverbrauch einschränken zu müssen.

Zwar wäre das sicher nicht das drängendste Problem infolge der Dürre. Doch der Regierung könnte nach Ansicht von Beobachtern viel Ärger ins Haus stehen, wenn die Menschen zum Wassersparen auf ihre geliebten Duschbäder verzichten müssten. «Duschen ist Teil unserer Wurzeln als Brasilianer», sagt Renata Ashcar, Co-Autorin eines 2006 veröffentlichten Buchs über das Thema. «In einem so heissen Land wie diesem, in dem Hygiene so grosse kulturelle Bedeutung hat, nicht duschen zu können, ist Grund genug für eine Revolte.»

«In dieser Hitze kann ich nicht leben, ohne zu duschen»

Die schwerste Trockenheit seit acht Jahrzehnten hat den bevölkerungsreichen Südosten des Landes rund um die grösste Stadt São Paulo fest im Griff. Die Pegel der Wasserspeicher sind trotz ersehnter Regenfälle Ende Februar und Anfang März noch immer auf kritischen Tiefständen. Das Reservoir Cantareira etwa, das rund neun Millionen Menschen im Grossraum São Paulo versorgt, ist nur zu 13 Prozent gefüllt. Die Behörden der Stadt versuchen schon seit Monaten, die Einwohner zu einer Senkung des Wasserverbrauchs anzuhalten. Dasselbe Szenario droht nun auch den Menschen in Rio.

Unter normalen Umständen geniessen die Brasilianer die grössten Frischwasservorräte weltweit. Anstatt zu fegen, spritzen viele ihre Bürgersteige mit dem Wasserschlauch ab und lassen beim Zähneputzen den Wasserhahn laufen. Wegen der Wassernot haben die Behörden nun Kampagnen gegen solche Gewohnheiten gestartet. So werden die Menschen auch aufgerufen, aufs Autowaschen zu verzichten und ihr Duschwasser aufzufangen, um es noch einmal zum Putzen zu verwenden.

Viviane Vargas hat angefangen, Wasser aus der Waschmaschine noch zum Blumengiessen zu benutzen. Ihre Routine, mehrmals täglich zu duschen, will sie allerdings nicht aufgeben – zumindest noch nicht. «In dieser Hitze kann ich nicht leben, ohne zu duschen», sagt sie.

Deine Meinung zählt