Die tragische Geschichte hinter diesem Bild

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Flucht vor EisschmelzeDie tragische Geschichte hinter diesem Bild

Luftaufnahmen zeigen dramatische Szenen: 35'000 Walrosse drängen sich an der Küste Alaskas. Der Grund: Den Tieren schmilzt das Packeis unter den Flossen weg.

Innert weniger Tage versammelten sich beim Eskimodorf Point Lay, nördlich der Beringstrasse, rund 35'000 Walrosse. Das teilte die Nationale Meeresbehörde mit, nachdem sie Fotos vom Wochenende ausgewertet hatte. Vier Tage zuvor seien es nur 1500 gewesen. Laut den Wissenschaftlern fliehen die bis zu 1,2 Tonnen schweren Raubtiere vor der Eisschmelze am Nordpol.

Die ersten der Walrosse seien bereits Mitte September an der Küste ausgemacht worden, sagte die Sprecherin der US-Naturschutzbehörde FWS, Andrea Medeiros. Die Walrosse seien jedoch nicht die ganze Zeit bei Point Lay geblieben, sondern immer wieder fortgeschwommen und dann zurückgekehrt. Vergangene Woche hätten die Forscher dann etwa 50 Kadaver entdeckt. Diese Tiere seien möglicherweise bei einer Massenpanik erdrückt worden. Ihre Überreste sollen in der kommenden Woche untersucht werden, um die genaue Todesursache festzustellen.

«Zeichen für veränderte Umweltbedingungen»

Der World Wildlife Fund sieht einen Zusammenhang zwischen dem Massenlandgang der Walrosse und dem starken Rückgang des Eises am Nordpol in diesem Sommer. «Das ist wieder ein deutliches Zeichen für die dramatisch veränderten Umweltbedingungen, die der Rückgang des Meereises mit sich bringt», sagte die Direktorin des WWF-Programms für die Nordpolregion, Margaret Williams. «Die Walrosse erzählen uns, was schon die Eisbären und viele Eskimos im hohen Norden gesagt haben: Dass sich die Umwelt in der Arktis extrem schnell verändert.» Die Menschheit müsse die Ursachen des Klimawandels angehen.

Das Eis ist für das Walross ein wichtiger Lebensraum. Von der Eiskante aus jagt es im seichten Wasser nach Schnecken, Würmern und Muscheln, die es meist am Meeresboden aufstöbert. Es kann bis zu 30 Minuten tauchen, aber nicht unbegrenzt im Wasser bleiben. Deshalb muss es auf dem Eis oder an Land verschnaufen. Auch die Nachkommen werden auf dem Eis geboren.

Je mehr das Eis schmilzt, desto weniger Nahrung

Den Winter verbringt das Pazifische Walross in der flachen Beringsee zwischen Alaska und Sibirien, die an vielen Stellen weniger als 100 Meter tief ist. Wenn sich das Eis im Sommer in Richtung Nordpolarmeer zurückzieht, folgen ihm die Walrosse. Je mehr das Eis schmilzt, desto weniger Nahrung finden sie, weil das Meer im Norden tiefer ist und sie dort vom Eis aus kaum noch den Meeresboden erreichen können.

Massenansammlungen von Walrossen wurden bei Point Lay schon öfter beobachtet: zum ersten Mal 2007 und danach 2009. Vor drei Jahren zählten Forscher in der Nähe des Dorfes 30'000 Tiere. Auf der russischen Seite der Beringsee verzeichnet der WWF das gleiche Phänomen. Auch Massenpaniken unter den Tieren sind schon beobachtet worden. Sie können von Eisbären ausgelöst werden oder von tieffliegenden Flugzeugen. 2009 wurden bei einem solchen Vorkommnis 130 Tiere getötet.

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