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Psychotherapie 2.0Amerikaner legen sich virtuell auf die Couch

Über 60 Millionen US-Amerikaner leiden an einer psychischen Erkrankung. Die meisten von ihnen suchen nie Hilfe. Das Projekt «Talkspace» will das nun ändern.

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An der Kreuzung Fifth Avenue und 23rd Street im Herzen Manhattans stehen zurzeit zwei transparente, igluförmige Zelte. Diese sind eingerichtet wie das Behandlungszimmer eines Psychotherapeuten: Ein Sessel, eine Stehlampe und ein Tischchen mit einer Packung Taschentücher. Die öffentliche Ausstellung «Talkspace» möchte darauf hinweisen, dass psychologische Behandlung für jedermann zugänglich ist.

Hinter dem Projekt steckt die Therapeutin Robin Frank. Dem Portal «Mashable» erklärt sie: «25 Prozent der US-Bevölkerung leidet an einer psychischen Krankheit. Das sind rund 61,5 Millionen Menschen. 60 Prozent davon werden sich jedoch nie behandeln lassen.» Das Problem: Die Therapien sind für die meisten schlicht und einfach zu teuer.

25 Dollar pro Monat – statt 175 pro Tag

Mit einer neuen Applikation, die Frank «Pop Up Therapy» nennt, soll nach eigenen Angaben «Psychotherapie demokratisiert» werden. Die Patienten können nun für knapp 25 Dollar pro Monat rund um die Uhr mit einem Therapeuten chatten. Im Vergleich zu den aktuellen Kosten von rund 175 Dollar für eine herkömmliche Therapie-Sitzung ist das ein Schnäppchen.

In den transparenten Iglus können potentielle Kunden die Applikation erstmals testen. Auf dem Tischchen, neben den Taschentüchern, liegt ein iPad. «Die erste virtuelle Sitzung dauert rund 15 Minuten und ist gratis», sagt Robin Frank.

Der Patient erhält von einem der qualifizierten Psychologen von «Talkspace» eine Diagnose und wird dann an einen passenden Therapeuten vermittelt. Von da an wird dieser den Fall weiterbehandeln — immer virtuell. Der Patient kann zwischen Video-Konferenz oder Chat entscheiden, zu einem persönlichen Treffen kommt es aber nie.

Erste Rückmeldungen sind positiv

«Ich fand die App sehr nützlich», sagt eine Testerin. Vor allem das Schreiben sei ein Vorteil, meint die Frau. «Dadurch überlegt man zuerst, was man wirklich ausdrücken möchte.»

Nicole Amesbury, Team-Mitglied im Talkspace-Projekt, fasst zusammen: «Diese Plattform bietet den Menschen die Chance, es mit der Therapie mal auszuprobieren und all ihre Hemmungen beiseite zu lassen.» Robin Frank fügt hinzu: «Wir wollen damit den Menschen ein besseres Leben ermöglichen. Und das ist ein Anfang.»

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