Ermittler erzählenDer ungefasste Serienkiller von Hannover
Der «Sägemörder von Hannover» sorgte mit in der Stadt verstreuten Leichenteilen für Angst und Schrecken. Der ermittelnde Kommissar erzählt vom gruseligen Fall.
In der aktuellen «Spiegel»-Printausgabe erzählen fünf Ermittler vom prägendsten Fall ihres Berufslebens. Etwa Kriminalkommissar Edward Scheda, der anhand der DNA einer Pflanze einen Mordfall lösen konnte. Oder Hans Huber, der im wahren Leben anders heisst, beim Sondereinsatzkommando München tätig war, bei einer Geiselnahme den finalen Schuss abgab und so den Täter tötete, bevor dieser seinen Gefangenen erschiessen konnte. Es erzählen aber auch Willy Thevessen, der 2010 mit dem Fall des missbrauchten und erdrosselten Mirko (10) beauftragt war, oder Martin Wachtmeester, der einem gefährlichen, persönlichkeitsgestörten Täter das Handwerk legen konnte.
Der «Sägemörder von Hannover»
Ganz gruselig aber ist die Schilderung von Kommissar Günter Nowatius aus Hannover. Sie handelt von einem Serienkiller, der bis heute ungefasst ist. Ende 1975 entdeckt ein Arbeiter beim Maschsee in Hannover den Torso einer Frau. Ihre Brüste und ihre Beine sind abgeschnitten, ihr Unterkörper ausgeweidet. Die Gerichtsmedizin vermag zwar festzustellen, dass sie zwischen 24 und 25 Jahre alt war und mindestens ein Kind zur Welt gebracht hatte, doch das Opfer kann trotz abgenommener Fingerabdrücke nicht identifiziert werden.
Der Fall wird irgendwann zu den Akten gelegt – bis im Februar 1976 ein neuer Leichenteil beim Maschsee gefunden wird: Es ist die rechte Seite eines Frauenoberkörpers, wenig später findet man unweit davon entfernt auch die linke Seite. Noch etwas später entdecken Kinder auf dem Pausenplatz ein rechtes Bein, das ebenfalls zum Opfer gehört. Dieses ist erneut eine Frau um die 25 Jahre alt, erneut kann das Opfer nicht identifiziert werden. Im Gegensatz zum ersten Fund aber ist die Polizei sicher, dass der Täter dieses Mal wollte, dass die Polizei die Leiche findet. So lagen die Leichenteile nicht im Wasser, sondern wurden regelrecht präsentiert.
Serienkiller, Leichenfledderer oder schlechter Scherz?
Im Frühling 1977 werden Leichenteile von zwei Männern, einem 50-Jährigen und einem 18-Jährigen, gefunden. Das jüngere Opfer hat ein Tattoo, ein Eisernes Kreuz, am rechten Unterarm. Doch auch diese Opfer können nicht identifiziert werden. Aufschlüsse über Motiv und Tatort gibt es ebenso wenig wie Spuren des Täters, die Polizei hat keine weiterführende Anhaltspunkte. Sie muss auch in Betracht ziehen, dass hier kein Serienmörder am Werk ist, sondern dass sich etwa Medizinstudenten einen schlechten Scherz erlauben, die Körperteile verstreuen und die Polizei lediglich aus Jux auf Trab halten.
Die Ermittler gehen auch der Theorie nach, wonach ein Leichenfledderer auf Friedhöfen umhergeht, Särge öffnet und sich an den Toten zu schaffen macht. «Eine Logik festzustellen, war unmöglich», so Ermittler Nowatius, damals 36 Jahre alt und ehrgeizig.
Erkenntnisse und das Ende
Dass es sich aber doch um einen Serienkiller handelt, zeigt sich im Sommer und gegen Weihnachten 1977: Im Juli findet die Polizei den Unterkörper einer Frau, im Dezember einen weiblichen Oberkörper. Dieses Mal sind sich die Rechtsmediziner sicher: Hier hat Gewalt zum Tod geführt. Die Ermittler gehen davon aus, dass ein Einzeltäter am Werk ist, dass dieser aufgrund der mit Messer und Säge sauber abgetrennten Gliedmassen anatomische Kenntnisse und die Möglichkeit hat, die Leichen kühl zu lagern, bevor er die Gliedmassen in und um Hannover verstreut, und dass er womöglich während der Woche tätig ist, da die Körperteile immer am Wochenende entdeckt werden.
Doch das sind die letzten Erkenntnisse der Ermittler, denn danach hört die Mordserie auf. Möglicherweise ist der Täter fortgezogen, wegen eines anderen Deliktes im Gefängnis gelandet oder selbst verstorben. Bis heute bleibt die Mordserie ungelöst.