Europaweite PremiereSchweizer Diamantenraub mithilfe von Video geklärt
Vier maskierte Männer überfallen einen Juwelier in Genf, die Täter flüchten nach Frankreich. Für die Verhaftung arbeiteten gleich vier Nationen zusammen.
Die auf Youtube verbreiteten Aufnahmen halfen, Nabil A. zu identifizieren. (Video: Tamedia/Belgische Polizei)
Die Polizei von Maghnia im Nordwesten Algeriens hat am 13. Februar einen Mann verhaftet, der im März 2017 beim Überfall eines Juweliers in Genf Diamanten im Wert von umgerechnet über 17 Millionen Franken gestohlen hatte.
Die Aufklärung des Falles sorgt europaweit für Aufsehen – und zwar aus zwei Gründen: Einerseits ist es das erste Mal, dass in Europa ein Täter aufgrund eines eigens zur Fahndung hergestellten Polizeivideos gefasst werden konnte. Den sogenannten Crime Clip hat die belgische Polizei im Auftrag der Schweizer Behörden produziert. Anderseits stellte sich bei der Identifizierung des Verhafteten heraus, dass er in Frankreich als radikalisierter Islamist galt und somit eine «potentielle Bedrohung» der nationalen Sicherheit bedeutete.
Seine Pockennarben haben ihn verraten
Am 13. März vergangenen Jahres überfiel der Franco-Algerier Nabil A. zusammen mit drei Komplizen einen Schmuckladen im Zentrum von Genf. Die Bande entführte spätabends den Ladenbesitzer in seinem Wohnsitz in Cologny, bedrohte ihn dabei mit einer Pistole und einer Handgranate. Im Geschäft zwangen sie den Mann, den Tresor zu öffnen, und entwendeten eine grosse Menge weisser Diamanten. Dann sperrten sie den geknebelten Mann in den Kofferraum seines Autos und flüchteten in einem dunkelblauen Citroën C4 mit französischen Kennzeichen.
Die Aufnahmen der Überwachungskameras, auf denen vier maskierte Männer zu sehen sind, übergab die Genfer Polizei den belgischen Kollegen. Diese erstellen seit 2011 Crime Clips und stellen sie auf Youtube, um Hinweise zu Verbrechen aus der Öffentlichkeit zu erhalten. Kürzlich erhielt die Brüsseler Polizei dann auch den Anruf einer Person, die den 30-jährigen Nabil A. nach eigenen Aussagen wegen seiner Pockennarben im Gesicht auf dem Video erkannt hatte.
Frankreich hatte A. schon lange auf dem Radar
Wie «Le Parisien» berichtet, lebte Nabil A. vor dem Genfer Überfall in der französischen Stadt Rueil-Malmaison in der Region Hauts-de-Seine. Nach dem Coup flüchtete A. jedoch nach Algerien und kaufte dort ein Haus.
Die französische Behörden hatten den Mann schon länger auf dem Radar: A. war wegen Gewaltdelikten und Diebstahl vorbestraft. Noch mehr Sorgen machten dem französischen Sicherheitsdienst aber die Posts, die A. auf Facebook unter falschem Namen veröffentlichte. Dort verbreitete er antisemitische Parolen und positionierte sich als Sympathisant der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). A. verteidigte den IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi und rief sogar zu Terroranschlägen auf.
Die Belgier meldeten sich mit den Hinweisen ihres Informanten bei den Schweizern sowie den französischen Behörden.
Letztere wussten: A. ist nicht mehr im Land. Deshalb kontaktierten die Schweizer Fahnder ihre algerischen Kollegen –die nahmen A. schliesslich vergangene Woche fest. Weil er nicht in die Schweiz ausgeliefert werden kann, wird der Prozess um den Diamantendiebstahl in seiner Heimat stattfinden.