Britische Boulevardzeitungen sind dafür berüchtigt, immer mal wieder eine Geschichte zu verbreiten, die – um es freundlich auszudrücken –, nicht ganz der Wahrheit entspricht. Diese Tradition hat der «Mirror» jetzt in eine neue Dimension gehoben – und Medien auf der ganzen Welt haben die Meldung ungeprüft übernommen.

Am 14. Dezember 2015 veröffentlichte der «Mirror» einen Artikel, in dem er angibt, dass ein Forensiker der Universität Manchester das Gesicht von Jesus Christus rekonstruiert habe. «Das Ergebnis zeigt keinen weissen Mann mit langen blonden Haaren, wie er auf Bibeln und bemalten Glasscheiben auf der ganzen Welt zu sehen ist», schreibt das Blatt. Jesus sei eher ein dunkelhaariger Jude aus Galiläa gewesen.

Diese Meldung verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Die «Huffington-Post» schrieb etwa, dass Forscher vom Bildnis «überrascht» seien. Auf Youtube kursieren Videos, die das «wahre Gesicht» von Jesus Christus zeigen. Focus.de wusste gar, dass Jesus «muskulöser als in der westlichen Welt oft dargestellt» war.

So weit, so gut, hätte die Geschichte nicht mindestens zwei gewaltige Haken: Das Bild des bärtigen Mannes aus Galiläa ist nämlich nicht neu. Wie der BildBlog schreibt, hat es selbst schon fast «biblisches Alter». Es ist 2001 bei einer Dokumentation der BBC entstanden, bei der forensische Methoden eingesetzt wurden, um Knochen, die in der Region von Galiläa gefunden worden waren, ein Gesicht zu verpassen. Damit zum zweiten Knackpunkt: Es handelt sich auch nicht um das Gesicht von Jesus, sondern lediglich um das Abbild eines durchschnittlichen Mannes, der vor 2000 Jahren in Galiläa gelebt hat. Laut den Forschern könnte Jesus lediglich Ähnlichkeiten mit dem Gesicht gehabt haben.

Neu ist übrigens auch die Falschmeldung nicht. Recherchen des BildBlog zeigen: Das Jesus-Bild erschien seit 2001 in jedem einzelnen Jahr in den Medien. Passenderweise meist zur Weihnachtszeit.