IndienDiese Comic-Heldin bekämpft Vergewaltiger
Sie soll auf das Problem der Vergewaltigungen in Indien hinweisen: die indische Comic-Heldin Priya. Auf einem Tiger reitend rächt sie sich an ihren Peinigern.
Alle 21 Minuten wird in Indien eine Misshandlung gemeldet. Dagegen soll jetzt ein Comic vorgehen. Hauptfigur ist die Inderin Priya. Sie hat eine Gruppenvergewaltigung überlebt und kämpft jetzt, zusammen mit der Göttin Parvati, gegen Verbrechen an Frauen in Indien.
Mit seinem Comic «Priya's Shakti» will der indisch-amerikanische Filmemacher Ram Devineni zusammen mit seinem Co-Autor Vikas Menon sowie dem Zeichner Dan Goldman auf das Problem der sexuellen Belästigung in Indien hinweisen.
Familien und Polizei nehmen Opfer nicht ernst
Auf die Idee kam Devineni laut «BBC» Ende 2012, als in Indien Massenproteste gegen die brutale Vergewaltigung einer 23-jährigen Studentin in einem Bus ausbrachen. Die Fälle hätten zwar zu einer strikteren Gesetzgebung geführt. Was sich aber ändern müsse, seien die öffentliche Wahrnehmung und Haltung zu dem Thema, so Devineni.
An den Protesten 2012 in Delhi nahm er auch selbst teil. Ein Polizist habe zu ihm gesagt: «Kein gutes Mädchen läuft nachts allein herum.» Da sei ihm bewusst geworden, dass sexuelle Gewalt in Indien ein kulturelles Thema sei, das von patriarchalen Strukturen, Frauenfeindlichkeit und der öffentlichen Wahrnehmung gestützt werde, so der Filmemacher.
Von Eltern verstossen
Vergewaltigte Frauen würden oft als «unrein» betrachtet und gar von ihren Familien verstossen. «Ich sprach mit einigen Opfern von Massenvergewaltigungen und sie sagten, dass ihre Familien und Gemeinschaften ihnen davon abgeraten hätten, vor Gericht zu gehen», sagt Devineni. «Teilweise wurden die Frauen von ihren Vergewaltigern und deren Familien bedroht. Sogar die Polizei nahm sie nicht ernst.»
Auch die Hauptfigur in Devinenis Comic, das Mädchen Priya, erzählt ihren Eltern von der Vergewaltigung und wird daraufhin von zuhause vertrieben. Sie wendet sich an den lokalen Rat, den sogenannten «Panchayat», doch sie wird nur beschuldigt. Sie selbst sei schuld an der Tat, sie habe den Täter provoziert, urteilen die Ratsmitglieder. Danach erhält Priya Unterstützung vom Hindu-Götterpaar Shiva und Parvati.
Den mythologischen Aspekt habe er gewählt, weil etwa 80 Prozent der Inder Hindus seien und die Religion mit dem Leben der Inder verknüpft sei, erklärt der Autor. Die Geschichte endet damit, dass Priya auf dem Rücken eines Tigers in ihre Heimat zurückkehrt und ihre Peiniger stellt. Ein positives Ende, das Stärke vermittelt und den Opfern Hoffnung geben soll.
«Veränderungen fangen mit einer Idee an»
Der Comic wird bei der Comic-Messe Come Con Mumbai, die vom 19. bis am 21. Dezember stattfindet, veröffentlicht. Das Werk kann hier bereits als E-Book heruntergeladen werden. Um Aufmerksamkeit auf sein Werk zu richten, holte sich Devineni Unterstützung auf den Strassen: Er überzeugte Strassenkünstler und Bollywood-Poster-Maler, seine Idee mit Wandmalereien zu verbreiten. Diese entstanden an den Wänden von Mumbais Dharavi-Quartier: dem grössten Slum Asiens.
Ob das Projekt gegen die enormen Vergewaltigungszahlen ankämpfen kann, wird sich zeigen. Jasmeen Patheja, die eine Aufklärungs-Kampagne unter dem Motto «I never asked for it» (zu Deutsch:« ich habe nie danach gefragt») betreibt, ist zuversichtlich: «Bilder, Bücher, Comics und Filme haben ein immenses Potenzial zu helfen», denn «viele Veränderungen in der Welt fangen mit einer Idee an».