Ein narzisstischer Frauenhasser schlug zu

Aktualisiert

Amoklauf in KalifornienEin narzisstischer Frauenhasser schlug zu

Der Massenmörder von Santa Barbara glaubte, ein Anrecht auf alles zu haben. Weil er keinen Sex hatte, bewegte er sich immer mehr in der Welt des Frauenhasses.

von
sut

Drei Tage nach dem blutigen Amoklauf im Universitätsstädtchen Isla Vista, Kalifornien, kristallisiert sich die Psychologie des Massenmörders Elliot Rodger immer klarer heraus. Der 22-jährige Student am College von Santa Barbara war nach aussen so angepasst und höflich, dass ihm kaum jemand eine Gewalttat zutraute. Aber innerlich war er frustriert. Das Gefühl, ein Anrecht auf ein Leben zu haben, das andere Menschen ihm verweigerten, nährte eine heftige Wut, die sich am Freitag entlud.

Der Sohn eines Filmregisseurs erstach zunächst zwei Wohnungsgenossen und einen Besucher. Dann ergriff er drei Pistolen und 41 geladene Magazine, stieg in seinen schwarzen BMW und startete zu seiner Amokfahrt. Bevor er sich mit einem Kopfschuss selbst richtete, hatte er sieben Menschen getötet und dreizehn weitere verletzt.

Kindermädchen und erste Klasse

Was für ein Menschentyp Elliot Rodger war und was ihn zu der Bluttat antrieb, ist leichter zu rekonstruieren als in anderen Fällen von Massenmördern. Nicht nur hinterliess der Student ein auf Youtube zugängliches Video, worin er einen Tag vor dem «Tag der Vergeltung» seine Motivation begründete. Er hatte auch ein 137-seitiges Manifest mit dem Titel: «Meine verdrehte Welt» verfasst.

In dem Traktat, dem Video und anderen Zeugnissen präsentiert sich Elliot Rodger als ein in gut situierten Verhältnissen aufgewachsener junger Mann mit einem ausgesprochenen «sense of entitlement», dem Gefühl von Ansprüchen. Materiell fehlte es ihm an nichts. Er hatte Kindermädchen, flog erste Klasse in exotische Länder in die Ferien.

«Den echten Gentleman»

Doch sozial ging es ihm zunehmend schlecht, seit sich die Eltern am Ende seines sechsten Lebensjahrs scheiden liessen. In der Pubertät entwickelte er eine grosse Unsicherheit bezüglich seines Aussehens. Als asiatisch-weisser Mischling von unterdurchschnittlicher Grösse hatte er keinen Erfolg bei Mädchen. Je länger ihm sexuelle Erfahrungen mit ihnen versagt blieben, desto ungerechter kam ihm das vor.

«Ihr Girls fandet mich nie attraktiv», sagte er im Bekennervideo. «Das ist eine Ungerechtigkeit, ein Verbrechen. ... Ich bin der perfekte Guy, und dennoch werft ihr euch an diese widerlichen Männer anstatt an mich, den echten Gentleman.»

Viele Selfies und wenig Fotos von Freunden

Mehr als bei anderen Jugendlichen dreht sich das Universum von Elliot Rodger ausschliesslich um ihn selbst. Auf der Facebook-Seite des Massenmörders stellte Kashmir Hill vom «Forbes»-Magazin einen ausgeprägten Hang zum Narzissmus fest. Die Seite sei «voller Selfies und Fotos aus seinem reichen, aber einsamen Leben. Es gibt Fotos von ihm, wie er erste Klasse fliegt, an einem privaten Konzert von Katy Perry und mit den Eltern an der Premiere von «Hunger Games» 2012. Freunde fehlen auf den Fotos und hinterlassen selten Kommentare.»

Die Frustration, mit 22 noch Jungfrau zu sein, steigert sich in dem Traktat zu extremem Frauenhass. «Frauen sind die Pest», schreibt er darin. Im Epilog fantasiert er von der völligen Vernichtung aller Frauen in einem Konzentrationslager. Er beschreibt sich selbst als «grossartig, glorios, erhaben, eminent – göttlich.» Dann stellt er sich vor, wie er in einem hohen Turm über dem Lager thront und zuschaut, wie die Frauen verhungern. «Wenn ich sie nicht haben kann, soll keiner sie haben können.»

Er machte bei PUAhate.com mit

In seinem theatralischen Grössenwahn erinnert Elliot Rodger an David Attias, der 2001 an derselben Universität studierte und am 23. Februar mit seinem Auto drei Menschen zu Tode fuhr. Nach der Todesfahrt sprang Attias aus dem Wagen und schrie: «Ich bin der Todesengel!» Attias' Vater arbeitete wie der von Rodger in der Unterhaltungsindustrie.

Die extreme Misogynie verbindet den Amokläufer mit extrem Frauen hassenden Männergruppen. Offenbar machte Rodger unter anderem beim Messageboard PUAhate.com mit. Die Abkürzung im Titel der inzwischen vom Netz verschwundenen Site steht für «Pick-up Artists hate» und meint den Hass auf Männer, die Frauen erobern können. Teilnehmer der Foren bezeichnen sich als «incels» – «involuntary celibates», also unfreiwillig Keusche.

Die Postings auf den Sites sind oft so voll Hass gegen Frauen, dass die entsprechenden Gruppen vom Southern Poverty Law Center beobachtet werden, das sonst rassistische Vereinigungen unter Beobachtung stellt. «Frauenhass tötet», schreibt der «Guardian». Twitter hat schnell reagiert: Bereits gibt es auf Twitter den Protest-Hashtag #misoginykills.

Elliot Rodgers letztes Video:

(Quelle: Youtube/ ytwrecords)

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