Horror-Droge macht Konsumenten zu Zombies

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MocarzHorror-Droge macht Konsumenten zu Zombies

Hunderte von Polen drehen nach dem Konsum einer Designerdroge durch. Kommt das gefährliche Mocarz auch in die Schweiz?

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Mitte Juli wurden in Polen gemäss Medienberichten bis zu 350 Menschen nach dem Konsum von einer synthetischen Droge namens Mocarz ins Spital eingeliefert.
Sie leiden an Halluzinationen, hohem Blutdruck und überhöhter Körpertemperatur.
Mocarz ist ein synthetisches Cannabinoid und gehört zu den Designerdrogen. Die sogenannten Legal Highs werden oft in Form von Kräutermischungen, Lufterfrischern, Reinigern oder Badesalzen verkauft, um das Rauschgiftgesetz zu umgehen.
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Mitte Juli wurden in Polen gemäss Medienberichten bis zu 350 Menschen nach dem Konsum von einer synthetischen Droge namens Mocarz ins Spital eingeliefert.

Aggressionsanfälle, ein Puls über 200, übermenschliche Kräfte: In Polen verbreitet sich derzeit eine Droge, die unter dem Namen Mocarz (zu deutsch Kraftprotz) läuft und an die berüchtigte «Badesalzdrogen» erinnert. Das Mittel hat extreme Nebenwirkungen: Laut verschiedenen Medienberichten sind seit dem 10. Juli bis zu 350 Personen ins Spital eingeliefert worden. Der jüngste Patient ist gerade einmal 16 Jahre alt. Die Betroffenen sind enorm aufgeputscht und aggressiv, einige haben eine Körpertemperatur von über 40 Grad.

Der Notarzt Janusz Gorski schildert dramatische Szenen im Umgang mit den Drogenopfern gegenüber dem TV-Sender Tvn24: Bei einem Einsatz im polnischen Bytom traf er auf einen Patienten, der so aggressiv war, dass es zwei Polizisten, den Arzt und eine Sanitäterin brauchte, um den schreienden Mann ins Krankenhaus zu transportieren – in Handschellen, festgezurrt mit einem Gürtel. Doch all die Vorsichtsmassnahmen halfen nichts: Der Mann konnte sich befreien, trat der Krankenschwester einen Zahn aus und prügelte auf den Arzt ein.

«So viel Aggression habe ich noch nie erlebt»

«Wir haben Angst vor diesen Patienten», sagt auch der Toxikologe Jacek Rzepecki der polnischen Zeitung «Wyborcza». «Ich arbeite seit 36 Jahren als Toxikologe und habe viel gesehen. Aber diese Art von Aggressionen habe ich noch nicht erlebt.»

Doch was steckt hinter der neuen Aufputschdroge? «Die genauen Inhaltsstoffe von Mocarz sind noch nicht bekannt», erklärt Katharina Hofer von Toxic Info Suisse gegenüber 20 Minuten. «Es handelt sich wahrscheinlich um ein synthetisches Cathinon, eine Designerdroge.» Somit gehört Mocarz zu den neuen psychoaktiven Substanzen (NPS), sagt Hofer. Diese werden oft in Form von Kräutermischungen, Lufterfrischern, Reinigern oder Badesalzen verkauft, um das Rauschgiftgesetz zu umgehen.

Auf das Gehirn wirkt Mocarz wie THC, der rauscherzeugende Teil von Haschisch oder Marihuana – nur 800-mal stärker. Die Substanz schädigt Nieren, Leber und das Nervensystem des Konsumenten und kann Psychosen auslösen. Die Konsumenten entwickeln «übermenschliche Kräfte», zitiert die «Welt» den polnischen Toxikologen Eryk Matuszkiewicz.

Behandelt werden im Spital nur die Symptome der Drogenpatienten – oft mit starken Beruhigungsmitteln. Nach der Behandlung hören die Probleme oft nicht auf: Viele Konsumenten sind aggressiv gegenüber Angehörigen, ein junger Mann soll nach dem Spitalaufenthalt seine Mutter verprügelt haben, heisst es in Medienberichten.

Neue Gesetzeslage

Jetzt reagiert die Politik: Für Opfer der Vergiftungen ist eine spezielle Hotline eingerichtet worden, die Polizei nahm 13 Menschen fest, die im Verdacht stehen, Mocarz zu schmuggeln.

Nur: Woher kommt die plötzliche Ausbreitung der Droge? Experten vermuten, dass es mit der Gesetzeslage zu tun haben könnte: Seit Anfang Juli sind viele neuen Substanzen als illegal definiert worden. Das dürfte auch die Inhaltsstoffe von Mocarz betreffen. Dealer könnten jetzt ihre Restbestände loswerden wollen und diese auf den Markt werfen.

Noch keine Fälle in der Schweiz

Nach der Drogenopfer-Welle in Polen hat die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) eine erste Warnmeldung herausgegeben. Über die gemeinsame Grenze zu Polen können Drogen leicht nach Deutschland gelangen – und damit auch in die Schweiz.

Hier sind bislang noch keine Fälle von Mocarz-Konsum bekannt, wie Katharina Hofer von Tox Info Suisse bestätigt. «Wir haben selten Anfragen zu synthethischen Cannabinoiden. Bis anhin gab es noch keine Meldungen zu dieser speziellen Droge.» Dass sie in der Schweiz konsumiert werde, könne man aber nicht ausschliessen. Auf Anfrage von 20 Minuten wiegelt Monique Portner-Helfer von Sucht Schweiz jedoch ab: «Mocarz ist in der Schweiz bis heute kein Thema.»

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