Erfolgreich integriertDorf in Italien will seine Migranten zurück haben
Zuerst wollten die Menschen in Ripabottoni nichts von den Flüchtlingen wissen. Jetzt kämpfen sie dafür, dass sie bleiben. Eine Dorfbewohnerin erzählt, wieso.
Das friedliche Leben in der Gemeinde Ripabottoni in der süditalienischen Provinz Campobasso wurde Anfang Oktober 2016 komplett auf den Kopf gestellt. Im kleinen Bergdörfchen mit knapp 500 Einwohnern wurden an einem Sonntagmorgen 152 afrikanische Flüchtlinge in zwei neuen Asylunterkünften untergebracht.
Die Dorfbewohner reagierten zunächst mit Abwehr: In den Wochen nach der Ankunft der Afrikaner unterzeichneten viele eine Petition, um die Fremden aus der Gemeinde zu verbannen.
Als sie gingen, wars auch nicht gut
Ihre Bitte sollte vor rund zwei Wochen erhört werden: Wie die italienische Zeitung «Il Sole 24 Ore» berichtet, wurde eine der beiden Asylunterkünfte, das Xenia, geschlossen. 32 Migranten mussten in andere Dörfer von Campobasso umziehen.
Das aber ist den Bewohnern von Ripabottoni jetzt nicht recht. Viele, die die erste Petition unterzeichnet hatten, fordern die Behörden nun auf, die Unterkunft nicht zu schliessen. Erst vor wenigen Tagen gingen die Einheimischen für die Migranten auf die Strasse.
Erfolgreich integriert
Die Menschen aus Senegal, Gambia, Mali, Nigeria und der Elfenbeinküste hätten sich gut integriert, sagt Patrizia Pano zu 20 Minuten. Sie hat bis anhin die Unterkunft Xenia verwaltet. «Sie waren Teil unserer Gemeinde und hatten enge Beziehungen zu den Dorfbewohnern aufgebaut. Viele der Migranten waren sehr jung, als sie ihre Familien in der Heimat verliessen, um ein besseres Leben in Europa zu suchen. In Ripabottoni hatten sie eine neue Familie gefunden. Es war sehr hart für sie, als sie erfuhren, dass sie wieder gehen mussten. Einige waren so enttäuscht, dass sie nicht einmal die Kraft hatten, um zu kämpfen. Sie haben am Tag des Umzugs nur noch geweint.»
Ohne die Migranten sei das Dorfleben öde geworden, beklagen sich die Einwohner. «Sie haben unsere Gemeinde bereichert. Unsere Kinder hatten die Möglichkeit, andere Kulturen und Sitten kennenzulernen. Das hat ihren Horizont erweitert», sagt Patrizia Pano. Auch die Älteren im Dorf waren froh, dass jemand ihnen half, die schweren Einkäufe nach Hause zu tragen oder den Schnee vor der Haustür zu schaufeln.
Nicht nur das: «Dank ihnen konnte unser lokales Fussballteam wieder nach langer Zeit an den Meisterschaften teilnehmen. Bevor die Migranten kamen, hatten wir nicht genug junge Männer für ein Team», erzählt Pano weiter. Die afrikanische Frauen hätten dafür in den Chören der katholischen und der reformierten Kirche gesungen: «Das hat die Gemeinde zusammengebracht und Leute in die Kirchen gelockt.» Einer der schönsten Momente sei die Geburt von Maria gewesen, deren Mutter, eine junge Nigerianerin, im vierten Monat schwanger war, als sie in Ripabottoni ankam.
Der Bürgermeister ist dagegen
Wie es jetzt weitergeht, weiss Pano nicht: «Die Behörden ignorieren unsere Petition. Wir warten darauf, dass jemand sieht, was diesen jungen Menschen angetan wurde.» Der Bürgermeister von Ripabottoni, Orazio Civetta*, sei jedoch nicht daran interessiert, dass die Migranten ins Dorf zurückkämen, sagt die Frau, die das Xenia leitete. Er habe sogar Briefe an den Verwaltungsbezirk geschickt, damit die Flüchtlinge verlegt werden.
«Wir hoffen dennoch, dass wir eine Antwort auf unsere Forderung erhalten. Seit diese Menschen gegangen sind, ist ein Gefühl von Leere im Dorf entstanden. Wir wollen ‹unsere Leute› zurück, um den erfolgreichen Integrationsprozess weiterverfolgen zu können, der auf so brutale Art und Weise unterbrochen wurde.»
* Auf eine Mailanfrage von 20 Minuten reagierte das Büro von Bürgermeister Civetta bisher nicht.