Bus-Tragödie in ItalienPolizei ermittelt bei Reiseunternehmen
Nach dem schweren Busunglück in Italien mit 16 Toten ermittelt die Polizei wegen Verdacht auf Fahrlässigkeit. In Ungarn wird die Staatstrauer ausgerufen.
Völlig ausgebrannt: Das Fahrzeug sei bei Verona von der Strasse abgekommen und in eine Begrenzung gekracht.
Video: Tamedia/Storyful
Nach dem schweren Unfall eines ungarischen Busses in Norditalien ermittelt die ungarische Polizei beim betroffenen ungarischen Reiseunternehmen. Die Untersuchungen gelten dem Verdacht auf Fahrlässigkeit mit Todesfolge, teilte die Behörde am Sonntag mit.
Unter anderen werde am Sitz des Unternehmens im südungarischen Kiskunfelegyhaza eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Damit wolle man Erkenntnisse über den technischen Zustand des Unglücksfahrzeugs gewinnen, hiess es in der Mitteilung. Bei der Tragödie auf einer Autobahn bei Verona waren in der Nacht zum Samstag 16 Menschen getötet und 26 weitere verletzt worden. In dem Autobus reisten vor allem Schüler und Lehrer des Budapester Szinyei-Merse-Gymnasiums. Sie waren auf der Rückkehr von einem Skikurs in Frankreich.
Bus in gutem Zustand
Der Besitzer des Reiseunternehmens sagte am Sonntag der Nachrichtenagentur MTI, dass sich der Unglücksbus vom Typ Setra 317 GT-HD in einem guten technischen Zustand befunden habe. Er habe keine Erklärung für die Tragödie, fügte er hinzu.
Der ungarische Aussenminister Peter Szijjarto gab am Sonntag auf einer Pressekonferenz in Budapest bekannt, dass sich an Bord des Busses 56 Menschen befanden, unter ihnen zwei Chauffeure. Unter den Reisenden waren 11 Erwachsene und 43 Jugendliche. An der Reise hatten auch einige Eltern und ehemalige Schüler des Gymnasiums teilgenommen.
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban rief für Montag Staatstrauer aus. Er zeigte sich tief betroffen. Für jede Familie, Gemeinschaft und Nation sei es «das Schlimmste, Kinder – junge Menschenleben – zu verlieren», sagte er. Die ungarische Regierung werde alles tun, «um das Leid der Familien zu mildern», sagte Aussenminister Peter Szijjarto im Fernsehen.
Ungarn übernimmt Reisekosten für Eltern
Beim Budapester Szinyei-Merse-Gymnasium wurde am Samstag eine schwarze Flagge gehisst, Menschen legten Blumen zum Gedenken an die Opfer nieder. Die Gruppe hatte in Frankreich an einem Skikurs teilgenommen.
Die ungarische Regierung werde sämtliche Kosten für den Heimtransport der Überlebenden sowie die Reisekosten jener Eltern übernehmen, die sich nach Verona begeben wollten, sagte Aussenminister Szijjarto am Samstagvormittag auf einer Pressekonferenz in Budapest.
Sekundenschlaf oder Defekt
Fotos von dem Unglück zeigen einen Feuerball, von dem Fahrzeug blieb letztlich nur ein ausgebranntes Wrack. In den Unfall seien keine weiteren Fahrzeuge verwickelt gewesen, sagte Lacquaniti. Das lasse darauf schliessen, dass der Busfahrer in einen Sekundenschlaf fiel oder das Fahrzeug wegen eines technischen Defekts von der Strasse abkam.
Ein slowenischer Lastwagenfahrer war offiziellen Angaben zufolge Zeuge des Unglücks. Er sagte aus, er habe bei der Fahrt hinter dem Bus festgestellt, dass wohl ein Rad beschädigt gewesen sei. Er habe noch versucht, den Busfahrer mit Lichthupe zu warnen, dies habe aber nichts mehr genutzt.
Der internationale Bustouristik-Verband RDA sprach den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl aus und schickte den Verletzten Genesungswünsche. Nach ersten Erkenntnissen hätten tragische Umstände eine Rolle gespielt: Der Bus sei so unglücklich längs der Leitplanke zum Stehen gekommen, dass sich die rechts liegenden Türen nicht mehr hätten öffnen lassen. «Im sich rasch ausbreitenden Feuer mussten sich alle Insassen, teilweise auch durch den Aufprall verletzt, durch die Fenster nach draussen retten.»
Vorne in Brand geraten
Der Bus sei nach dem Aufprall wohl wegen eines Kurzschlusses im Hauptstromverteilerkasten rechts vorne in Brand geraten, sagte Johannes Hübner, Leiter der Reisebus-Sicherheitsinitiative des Verbands, der Nachrichtenagentur dpa. «Eigentlich ist es nur so zu erklären, dass sich der Brand so schnell ausgebreitet hat.»
RDA-Vizepräsident Heinrich Marti sprach von einem schwarzen Tag für die Bustouristik. Er verwies darauf, dass es 2016 die niedrigste Zahl schwerer Reisebusunfälle in Europa seit mehr als zehn Jahren gegeben habe. Sein Verband werde sich weiter aktiv für die Verbesserung des hohen Sicherheitsniveaus von Busreisen engagieren.
Der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella schickte ein Kondolenzschreiben an den ungarischen Präsidenten Janos Ader. Aussenminister Peter Szijjarto bekundete seine Anteilnahme für die Opfer des Unglücks: Die Regierung in Budapest werde sämtliche Kosten für den Heimtransport der Überlebenden sowie die Reisekosten jener Eltern übernehmen, die nach Verona reisen wollten.
Mutiger Sportlehrer
Ein ungarischer Sportlehrer soll Dutzende Schüler aus dem brennenden Bus gerettet haben. Die Personen, die im hinteren Teil sassen retteten sich, weil sie die Fenster des Fahrzeuges einschlagen konnten.
«Der Lehrer ist immer wieder in den Bus zurückgekehrt und hat viele Schüler gerettet. Er ist mit schweren Wunden am Rücken im Spital», sagte die ungarische Generalkonsulin in Mailand, Judit Timaffy, laut der italienischen Nachrichtenagentur ANSA.
Der italienische Staatspräsident, Sergio Mattarella, kondolierte seinem ungarischen Amtskollegen Janos Ader. Er sicherte den Konsularbehörden und den Familien volle Unterstützung in diesem schwierigen Moment zu. (kat/afp)