Schweizer Chirurg operiert bedrohte Affen in Sumatra

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Gejagt und verprügeltSchweizer Chirurg operiert bedrohte Affen in Sumatra

Von Wilderern verprügelt, von Bauern verjagt: Der Sumatra-Orang-Utan ist stark bedroht. Der Chirurg Andreas Messikommer hilft mit, den Bestand zu erhalten.

Noah Knüsel
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Noah Knüsel

So läuft eine Orang-Utan-OP ab. (Video: Noah Knüsel)

Während andere im Kreise ihrer Liebsten die Festtage verbrachten, war er auf Mission: der Chirurg Andreas Messikommer. In Indonesien, am anderen Ende der Welt, operierte er zwei Orang-Utans der bedrohten Sumatra-Unterart, von der es laut WWF nur noch rund 14'500 Exemplare gibt. Eines der Tiere war ein rund 20-jähriges Weibchen, das vermutlich von Wilderern verprügelt worden war.

«Sie war in einem erbärmlichen Zustand und wäre ohne unsere Hilfe wohl gestorben», sagt Messikommer. Wahrscheinlich wurde ihr ein Junges weggenommen, um auf dem Schwarzmarkt verkauft zu werden. Der zweite Patient war ein Männchen, das wohl einem stärkeren Kontrahenten zu nahe gekommen war. Beiden gehe es mittlerweile besser, sagt der Arzt.

Wie eine Orang-Utan-Operation abläuft und wo die Unterschiede zu Eingriffen bei Menschen liegen, sehen Sie im Video oben.

Schwarzmarktprofit ermöglicht Bildung

Vor allem aus wirtschaftlichen Gründen gingen Bauern und Wilderer auf die Orang-Utangs los, sagt Messikommer: «Palmöl-Plantagen werden teils innert Monaten aus dem Boden gestampft und befinden sich plötzlich im Revier der Affen.» Dort seien sie dann nicht mehr willkommen.

Und für Einheimische seien die Tiere zum Teil eine wichtige Einkommensquelle: «Mit dem Erlös, den ein Jungtier auf dem Schwarzmarkt einbringt, kann eine arme Bauernfamilie ihre Kinder zwei Jahre in die Schule schicken», so der Chirurg.

«Andreas, wir haben ein Problem»

Mittlerweile hat Messikommer 19 Orang-Utans operiert. Angefangen hat das Projekt nach dem verheerenden Tsunami, der 2004 Südostasien verwüstete und 230'000 Menschen das Leben kostete. «Ich war für einen Monat als Arzt dort. Ganz am Ende meines Engagements operierte ich einen jungen Orang-Utan», erzählt Messikommer. Auf diese Anfrage seien weitere gefolgt und nun helfe er seit 13 Jahren Menschenaffen in Indonesien.

«Die Aufträge kommen jeweils sehr kurzfristig, weil es sich immer um Notfälle handelt», sagt der orthopädische Chirurg. «Dann läutet das Telefon und es heisst: ‹Andreas, wir haben ein Problem.›» Dann müsse seine Sekretärin wieder für ein paar Tage die Sprechstunden absagen: «Aber daran hat sie sich mittlerweile gewöhnt», lacht er.

Orang-Utan-Auffangstation gleicht einem Spital

Das alleinige Aushängeschild für das Orang-Utan-Projekt will Messikommer aber nicht sein: «Es geht um die Sache, nicht um meine Person», betont er im Vorfeld des Gesprächs mit 20 Minuten mehrmals. Der Chirurg arbeitet in Indonesien für die Umweltschutzorganisation Paneco (siehe Box) mit Sitz in Zürich, die sich laut ihrer Website für «Natur- und Artenschutz sowie Umweltbildung» einsetzt.

Im Regenwald betreibt die Organisation eine Auffangstation für Orang-Utans. «Man kann sich das wie ein Spital vorstellen, mit Operationssaal, Aufwach- und Intensivstation, Reha-Bereich und grossen Aussenkäfigen», so Messikommer. Auch habe es einen «Kindergarten», wie er es nennt, denn: «Viele Orang-Utan-Mütter werden getötet, wenn Wilderer ihre Jungen auf dem Schwarzmarkt verkaufen wollen», sagt der Chirurg. Überlebende Jungtiere würden in der Station grossgezogen. Sie später wieder vom Menschen zu entwöhnen, sei ein Prozess, der Jahre dauere, so Messikommer.

Doch trotz aller Schwierigkeiten: Es gibt auch positive Momente. «Zwei Weibchen, die ich operiert hatte, konnten ausgewildert werden und haben wieder Junge bekommen», erzählt Messikommer. «Es geht vorwärts.»

Was ist Paneco?

Die Stiftung wurde 1996 von der Biologin Regina Frey gegründet. Paneco setzt sich in der Schweiz und in Indonesien für Natur- und Tierschutz ein. Im Jahr 1999 gründete die Stiftung das Sumatra-Orang-Utan-Schutzprogramm (SOCP). Weitere Projekte von Paneco sind etwa eine Greifvogelstation in Berg am Irchel ZH und das Naturzentrum Thurauen in Flaach ZH.

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