Umdenken bei Delfinarien und Meeresaquarien

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Freiheit statt DressurUmdenken bei Delfinarien und Meeresaquarien

Seit Jahrzehnten kämpft der ehemalige «Flipper»-Trainer Ric O'Barry für die Freiheit der Delfine und mit seinem schlechten Gewissen. Und das mit Erfolg.

Jennifer Kay
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SeaWorld Orlando kämpft seit einer Dokumentation mit sinkenden Einnahmen.

SeaWorld Orlando kämpft seit einer Dokumentation mit sinkenden Einnahmen.

In den 1960er-Jahren war Ric O'Barry Delfindompteur und begeisterte mit der TV-Serie «Flipper» eine ganze Generation für Delfinarien und Meeresaquarien. Doch als eines der Tiere nach jahrelanger Gefangenschaft in seinen Armen starb, wandelte er sich zum radikalen Tierschützer und organisierte fortan zahllose Protestaktionen und Medienkampagnen. In der Dokumentation «Die Bucht» aus dem Jahr 2009, die das Töten von Delfinen in Japan zeigt, tritt er als Tierbefreier auf.

Inzwischen haben die Kampagnen Erfolg. So sondiert eines der grössten Aquarien der USA, das National Aquarium in Baltimore, die Möglichkeit für ein Schutzgebiet, in dem acht Delfine ihre letzten Tage verbringen könnten.

Wale haben Recht auf Freiheit

Auch Volksvertreter überall im Land machen sich Gedanken über das Schicksal der Meeressäuger. Im November verabschiedete der Stadtrat von San Francisco eine nicht-bindende Resolution, wonach Wale und Delfine ein Recht auf ein Leben in Freiheit haben. Das kalifornische Malibu erliess im Februar eine ähnliche Proklamation.

«Das bestätigt mich! Ich hatte Recht! Das fühlt sich grossartig an», jubelt der 75-jährige O'Barry in der Stadt South Miami. «Es hat nur 50 Jahre gedauert, aber endlich kapieren sie es. Sie gehören nicht in Gefangenschaft, das räumen sie jetzt ein.»

Die Branche sieht das anders: «Ich bin nicht sicher, ob man sich um ihre mentalen und physischen Bedürfnisse kümmert, wenn man fordert, dass sich Delfine zur Ruhe setzen sollen», entgegnet Rita Irwin, Präsidentin der internationalen Vereinigung von Parks und Aquarien für Meeressäuger, der weltweit mehr als 60 solche Einrichtungen angehören. Daneben leitet sie das Delfin-Forschungszentrum der Inselgruppe Florida Keys, das in den 1990er-Jahren einen Delfin aufnahm, den O'Barry ausgewildert hatte. Nach Ansicht des Forschungszentrums war das Tier damals unterernährt, nach Einschätzung O'Barrys bei guter Gesundheit.

Pädagogisch fragwürdig

O'Barry zufolge haben Delfine in Gefangenschaft keinen pädagogischen Wert, weil die Vorführungen nichts mit dem Verhalten der Tiere im Meer gemein hätten: «Die Musik spielt und Sie haben frei, sind mit der Familie unterwegs, die Sonne scheint, das Wasser ist von einem wunderschönen, magischen, glitzernden Blau, und der Delfin lächelt Sie an. Es scheint kein Problem zu geben. Wenn Sie den Delfin nicht gerade mit einem Baseball-Schläger schlagen, sehen sie die optische Täuschung nicht, die ich sehe», so O'Barry.

Nach seinem Willen sollten für die Auswilderung geeignete Delfine in die Freiheit entlassen und die anderen in Meerwassergehegen gehalten werden, wo sie vor Raubfischen sicher sind. Tatsächlich schwenken manche Einrichtungen auf seine Linie ein. Das National Aquarium in Baltimore stellte Delfinshows vor zwei Jahren ein und gewährt Besuchern stattdessen Einblick in die Arbeit der Trainer. Nun plant es ein Schutzgebiet oder ein Delfin-Zentrum.

Wer stehen bleibt, geht unter

«Die Generation der Babyboomer wuchs mit «Flipper» auf, für um die Jahrtausendwende Geborene waren es hingegen «Free Willy» und «Die Bucht». Unser Publikum entwickelt sich dramatisch, und wenn wir weiter relevant bleiben wollen, müssen wir uns auch weiterentwickeln», schreibt Geschäftsführer John Racanelli.

Das Clearwater Marine Aquarium in Florida, das die Stars «Winter» und «Hope» aus den «Mein Freund, der Delfin»-Filmen beherbergt, will seine Trainerarbeit weiterhin öffentlich zeigen, doch «grosse Broadway-Shows machen wir nicht», betont Geschäftsführer David Yates.

SeaWorld in Orlando kündigte im vergangenen Sommer den Bau grösserer Becken für seine Killerwale an. Damit reagierte das Management auf sinkende Einnahmen und Besucherzahlen nach der Dokumentation «Blackfish», die 2013 die Haltung von Meeressäugern in Gefangenschaft als inhuman anprangerte.

O'Barry ist froh über das Umdenken in Gesellschaft und Industrie: «Ich habe dazu beigetragen, dass es so weit kam», bekennt er. «Nun tat ich, was ich konnte, um es zu beenden.»

Ehemaliger Delfindompteur Ric O'Barry

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