Rätsel in FrankreichWie und warum sind die Troadecs verschwunden?
Von einer vierköpfigen Familie aus Nantes fehlt seit fast zwei Wochen jede Spur. Die Polizei untersucht nun die schwierige Beziehung zwischen Vater und Sohn.
Das mysteriöse Verschwinden einer Familie aus Orvault in der Nähe von Nantes hält Frankreich in Atem. Am 16. Februar schien bei den Troadecs noch alles in Ordnung zu sein – wenige Stunden später sind Vater Pascal (56), Mutter Brigitte (49), Sohn Sébastien (21) und Tochter Charlotte (18) spurlos verschwunden. Am 23. Februar alarmierte eine Schwester der Mutter die Polizei, nachdem sie tagelang nichts von der Familie gehört hatte.
Die Ermittler gehen laut «France Info» von einem Familiendrama aus. Besonders die schwierige Vater-Sohn-Beziehung steht im Visier der Behörden. Sébastien Troadec gilt als «problematisch», der Vater als «depressiv». Mehrere Tweets des Sohnes aus dem Jahr 2013 erzählen von heftigen und regelmässigen Streitsituationen im Haus. «Ich habe es satt, ich werde meinen Vater bei der Polizei anzeigen» oder «Für mich ist mein Vater nicht mehr mein Vater», schrieb der Sohn damals.
Mysteriös, aber ohne Spuren von Gewalt
In einem der Schlafzimmer, im Treppenhaus, im Wohnzimmer und in der Garage des Hauses fand die Polizei Blutspuren von drei Mitgliedern der Familie. Die beiden Autos der Eltern stehen immer noch vor dem Grundstück an der Rue d'Auteil parkiert, der Wagen von Sohn Sébastien ist allerdings unauffindbar.
Ansonsten fanden die Ermittler keine Anzeichen von Gewalt: Der Kühlschrank war gefüllt, in der Waschmaschine lag feuchte Wäsche. Am Abend vor dem Verschwinden der Troadecs wurden sämtliche Handys ausgeschaltet – zuletzt das von Sébastien.
Ermittler nehmen sich das psychologische Profil des Sohnes vor
Die Familie galt im Quartier als «sympathisch und diskret», schreibt die Nachrichtenagentur AFP. «Pascal sprach nie über sein Privatleben, er war ein völlig normaler Typ», sagt ein Arbeitskollege des Vaters.
Anders sein Sohn. Der Informatikstudent sei «psychisch angeschlagen» gewesen, berichtet «Paris Match». Auf sozialen Plattformen schrieb er immer wieder, dass er sich «traurig» fühle, dass sein Leben keinen Sinn mache. «Wenn jemand wüsste, was in meinem Kopf vorgeht, würde man mich für einen Menschen ohne Moral halten», twitterte Sébastien Troadec kürzlich. 2012 wurde er von einem Gericht zu einigen Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt, nachdem er auf einem Blog Morddrohungen ausgesprochen hatte.
Am Morgen des 16. Februar wurde die Kreditkarte von Charlotte Troadec benutzt, um Videospiele zu kaufen, berichtet «Ouest-France». Die Polizei geht davon aus, dass Sébastien, ein registrierter Nutzer der Website Jeuxvideo.com, den Kauf tätigte. Ob das unerlaubte Benutzen der Karte seiner Schwester am Abend erneut zu einem familiären Konflikt führte, ist unklar.