Biebers wunderliche Tour de Suisse«Die Fans überschreiten Grenzen für Social Media»
Seit fünf Tagen ist Justin Bieber mittlerweile in der Schweiz unterwegs – auf kuriosen Pfaden. Die Fans, die ihn zu sehen bekommen, ereifern sich umso mehr.
Justin Bieber läuft am späten Dienstagabend durch Chur. (Video: Leser-Reporter)
Gut sichtbar, in knallgelben Outfits, ist Justin Bieber (23) seit der ersten Sichtung am Sonntag in Zürich jeden Tag aufs Neue an einem anderen Ort aufgetaucht. Biebers bisherige Schweiz-Reiseroute, so weit sie bekannt ist, weist erstaunliche Eckpunkte auf: China-Wiese Zürich, Golfplatz in Bad Ragaz, Dieci-Pizzeria in Chur.
Nicht gerade ein Programm, das man als Ortskundiger einem Besucher dieses weltberühmten Reiselands zusammenstellen würde. Kein Matterhorn, kein Bärengraben, kein Luzern, kein Ticino.
Nächster Halt Fashion Outlet Landquart?
Gut denkbar, dass wir als Nächstes Bilder von Biebs im Fashion Outlet Landquart, einer Autobahnraststätte in Glarus oder dem Flughafen-Kiosk in Bern-Belp zu sehen bekommen. Falls er inzwischen aus Chur ab- und weitergereist ist.
Das lässt vor allem einen Schluss zu: Bieber meidet allzu bevölkerte Touristen-Hotspots, weil er hierzulande tatsächlich ein paar ruhige Tage verbringen will. Dass diese Rechnung für den bekanntesten Menschen des Planeten (mit addierter Instagram- und Twitter-Gefolgschaft) nicht aufgeht, haben wir mittlerweile deutlich gesehen.
Bei Justin Biebers kurzer Besuch in Zürich kamen die Fans ihrem Idol ganz Nahe. Doch wer ein gemeinsames Foto mit dem Star wollte, ging leer aus. (Video: Tamedia/Leser-Reporter)
Was die irren Bieber-Tage ebenfalls gezeigt haben: Wenn Herr Bieber um die Ecke kommt, verhalten sich auch die für Zurückhaltung bekannten Schweizer nicht mehr wie gewohnt und verlieren ihren Anstand. Wo Justin auch auftaucht, umzingeln ihn Menschen, einige versuchen ihn anzufassen, kreischen ihm ins Gesicht.
«Social Media verleitet dazu, Grenzen zu überschreiten»
Mitschuld daran tragen auch die Smartphones beziehungsweise Social Media, vermutet Manuel P. Nappo, Leiter der Fachstelle Social Media an der Hochschule für Wirtschaft Zürich. «Der Drang, einen solchen Moment mit seiner Snapchat-, Facebook- oder Instagram-Community zu teilen, verleitet Fans verstärkt dazu, den Stars näher zu treten oder eben sogar Grenzen zu überschreiten», erklärt er.
Zudem schaffen Social-Media-Accounts auch vonseiten der Stars eine täuschende Nähe, die die Fans in solchen Momenten falsch interpretieren. «Justin Bieber präsentiert sich nahbar und ist medial omnipräsent. Da fällt es Fans natürlich schwer, zu verstehen, dass auch er persönliche Grenzen hat», sagt Soziologie-Professorin Sophie Mützel von der Universität Luzern. Was sich in Biebers Fall letztlich vernichtend auf dessen Freizeitgestaltung auswirkt.
Der Superstar wirkt genervt
Der Popstar erträgt die Aufregung um ihn jeweils stoisch: Höflich bittet er die Fans, sich zu beruhigen und Abstand zu nehmen, er sagt «Hi», erklärt, dass er keine Fotos machen will. Und doch spürt man, wie sehr solche Momente an seinen Nerven zehren (siehe Video). Wir erinnern uns: 2016 entschied Bieber, keine Fan-Selfies mehr zu machen, weil er sich «wie ein Zootier» fühle.
Dass ein Star von Biebers Format sich derart unter die normalen Leute mischt, hat in der Schweiz Seltenheitswert. Was wir wieder mal aus nächster Nähe gesehen haben: Es ist wahnsinnig anstrengend, ein Superstar zu sein. Und unmöglich, einen entspannten Tag am See oder einen Abend mit Freunden in der Pizzeria zu verbringen.