Ist Hollywood homophob?

Aktualisiert

Gays im ShowbizIst Hollywood homophob?

Ellen Page hat sich jahrelang verstellt, ehe sie vor wenigen Wochen bekannte: «Ich bin lesbisch.» Warum ist es eigentlich so schwer, in Hollywood homosexuell zu sein?

von
Martin Fischer

Ellen Page will es richtig machen: «Ich habe es satt, mich zu verstecken und zu lügen. Es ist schmerzvoll. Mein Geist, meine psychische Gesundheit, meine Beziehung haben so gelitten.» Sie sagt das vor laufenden Kameras an einer grossen Konferenz, die zum Ziel hat, homosexuelle Teenager in den USA zu unterstützen.

Ihre Stimme zittert, als sie gegen Ende ihrer Rede sagt: «Ich bin heute hier, weil ich lesbisch bin.» Fünf Minuten und 24 Sekunden hat sie da bereits gesprochen, und es ist klar, warum ihr das Outing so schwer gefallen ist: Es ist auch eine Abrechnung mit Holly­wood.

Der Druck, perfekt zu sein

«Die Filmindustrie zwingt uns erdrückende Standards auf. Vorstellungen von Schönheit und Erfolg, von Männlichkeit und Weiblichkeit», sagt Ellen und liefert gleich selbst ein Beispiel: «Ich habe im Netz ein Bild von mir gesehen, wie ich auf dem Weg ins Gym bin. Ich trage eine Trainerhose. Der Autor schreibt dazu: ‹Wieso muss sich diese zierliche Schönheit wie ein Mann anziehen?›.»

Ellen Page ist eine gefragte Darstellerin in Hollywood und somit für Kinogänger, Fans und Filmemacher eine Projektionsfläche, die möglichst glatt und perfekt sein muss. «Filmstars müssen ein neutrales Image aufrechterhalten», sagt der Schweizer Filmproduzent Ivan Madeo, der mit dem Gay-Drama «Der Kreis» im Februar an der Berlinale mehrere Preise gewonnen hat. «Es gibt keine andere Branche, die einen so gnadenlos dazu zwingt, seine Persönlichkeit aufzugeben, um dem Bild eines makellosen Erfolgsmenschen zu entsprechen.» Ein Druck, dem sich Ellen Page jahrelang unterwirft. «Ich hasse mich dafür», sagt sie beim Outing.

Gerüchte gab es schon lange

Schon nach ihrem Durchbruch 2007 mit «Juno» kommen Gerüchte auf, Ellen sei lesbisch: Zu den Oscars erschien sie mit einer unbekannten, älteren Frau (die nicht ihre Mutter ist). Umso viel­sagender ist es daher, wie sehr Ellen zu kämpfen hatte, um sich zum Outing durchzuringen – und sie ist immerhin schon 27. «Es kann so schwer sein, deinem Herzen zu folgen», sagt sie.

In Hollywood erst recht. Unter Musikern, Künstlern, Designern oder Models gibt es weit mehr geoutete Stars. Es sind Branchen, die anders ticken, wo eine ausgeprägte Persönlichkeit Wieder­erkennungswert bedeutet und wo Stars «aus ihrem Anderssein Profit schlagen können», sagt Ivan Madeo.

Outing als Karrierekiller

Ist Hollywood homophob? Am deutlichsten sagts Rupert Everett: Ein gefragter Newcomer in den 80ern, hat sich der Brite 1989 geoutet – das habe seine Karriere ruiniert. Jungen Schauspielern rät er davon ab, sich zu outen. Und wenn man sieht, wie hart­näckig sich Gerüchte um gewisse Stars halten, bleibt die Frage: Würde ein schwuler Clooney in Hollywood noch den Womanizer geben können? Und Will Smith den Actionhelden? Würden sie genauso angehimmelt werden (und Leute an die Kinokassen locken)? Und würden wir einen Schwulen als Frauenhelden oder Macho-Haudrauf im Kino sehen wollen?

Es ist erstaunlich, wie wenige offen homo­sexuelle Schauspieler es gibt. Ein neueres der raren Beispiele: Maria Bello. Sie hat sich kürzlich in einer Zeitungs­kolumne geoutet, mit 46 Jahren und in Holly­wood längst etabliert. Auch Jodie Foster stand erst im fortgeschrittenen Schauspielalter zu ihrer Homo­sexualität. Zachary Quinto, bekannt geworden als Mr. Spock im «Star Trek»-Remake, hat seit seinem Outing 2011 vor allem am Theater und in Serien gespielt.

Michelle Rodriguez, die sich gerade mit Topmodel Cara Delevingne verliebt durch die Welt instagramt und zu ihrer Bisexualität steht, ist von jeher auf toughe Rollen abonniert. Und «Das Parfum»-Star Ben Whi­shaw wird bald Freddie Mercury spielen – eine Schwulenikone.

Kann Ellen in Hollywood etwas bewirken?

Serienstars fällt es offenbar leichter. Neil Patrick Harris («How I Met Your Mother»), Wentworth Miller («Prison Break») und Jim Parsons («The Big Bang Theory»): Sie alle sind Aushängeschilder in Hitserien – und haben sich ge­outet. Ihre Verträge laufen aber längerfristig, und ihre Charaktere sind nicht einfach so austauschbar. Die Angst vor dem Karriereknick scheint da deutlich kleiner zu sein.

Ellen Page ist unter den Hollywoodstars nicht ganz A-Liga, aber hohe B-Liga. Ihr Outing macht Hoffnung, dass sich im Filmbusiness tatsächlich etwas ändern könnte. «Lord of the Rings»-Star Ian McKellen, seit 26 Jahren ge­outet, sagt: «Sie

wird ganz vielen Mut machen.» Bloss: Wie Ellens Karriere weitergeht, liegt nicht allein in ihren Händen.

Quelle: Youtube/Human Rights Campaign

Offen homosexuelle Hollywoodstars lassen sich an zwei Händen abzählen. Ellen Page ist zurzeit die bekannteste. Maria Bello und Jodie Foster haben sich geoutet, als sie im Filmbusiness längst etabliert waren. Die Ausnahme: «Lord of the Rings»-Star Ian McKellen. Er hatte sein Coming-Out vor 26 Jahren – und nie Probleme mit Rollen-angeboten. Serienstars wie Neil Patrick Harris («How I Met Your Mother») oder Wentworth Miller («Prison Break») fällt es leichter, sich zu outen.

Offen homosexuelle Hollywoodstars lassen sich an zwei Händen abzählen. Ellen Page ist zurzeit die bekannteste. Maria Bello und Jodie Foster haben sich geoutet, als sie im Filmbusiness längst etabliert waren. Die Ausnahme: «Lord of the Rings»-Star Ian McKellen. Er hatte sein Coming-Out vor 26 Jahren – und nie Probleme mit Rollen-angeboten. Serienstars wie Neil Patrick Harris («How I Met Your Mother») oder Wentworth Miller («Prison Break») fällt es leichter, sich zu outen.

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