«Die Uniform zieht den Hass der Gesellschaft an»

Aktualisiert

Angriffe auf Polizei«Die Uniform zieht den Hass der Gesellschaft an»

Angriffe gegen Ordnungshüter haben im Kanton Zürich um 20 Prozent zugenommen. Sogar Sanitäter werden bei ihren Einsätzen regelmässig bedroht.

David Torcasso
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David Torcasso

Zwei Winterthurer Stadtpolizisten versuchten kürzlich einen 13-jährigen Türken zu verhaften, als sie plötzlich von dessen Familienangehörigen mit Pfefferspray attackiert wurden. Nur dank ­Verstärkung konnte die Lage unter Kontrolle gebracht werden.

Der Angriff auf die Polizisten ist kein Einzelfall. Gemäss Kriminalstatistik haben 2008 Gewalt und Drohungen gegen Beamte im Kanton ­Zürich um 20 Prozent zugenommen.

«Der Alltag ist rauer geworden, die Gewaltbereitschaft nimmt zu», bestätigt Marcel Strebel, Infochef der Kantonspolizei. Auch Michael Wirz, Sprecher der Stadtpolizei Zürich, sagt: «Der ­Respekt vor der Polizei geht immer mehr verloren.»

Besonders bei familiären Problemen oder im Nachtleben werden Polizisten verbal attackiert oder gar verletzt. «Die Aggression ist so gross, dass wir bei Streitereien nur noch mit mehreren Patrouillen ausrücken.»

Inzwischen müsse die Stapo sogar der Sanität Polizeischutz bieten. Allein im letzten halben Jahr wurden sechs Rettungssanitäter bei ihren Einsätzen mutwillig verletzt. «Sie möchten helfen, und werden dabei mit Füssen getreten oder ins Gesicht geschlagen», sagt Urs Eberle, Sprecher von Schutz & Rettung. «Alles was Uniform trägt – egal ob Polizei, Sanität oder Zugbegleiter – zieht heute den Hass der Gesellschaft auf sich.»

Prozessieren schwierig

Viele Beamte melden Übergriffe auf ihre Person gar nicht. Wen wunderts: Wird ein Polizist oder Sanitäter beschimpft, kann er meist nur Zivilklage einreichen. Entgegen der weit verbreiteten Meinung existiert «Beamtenbeleidigung» in der Schweiz nicht. Deshalb verzichten viele Polizisten auf eine Klage, schätzt Peter Gull von der Stapo Winterthur. Anders in Deutschland: Dort gibt es für jede Art von Beamtenbeleidigung einen eigenen Bussentarif.

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