PersonenfreizügigkeitUser wollten kein «Päckli»
Das Parlament hat die Weiterführung der Personenfreizügigkeit und deren Ausdehnung auf Bulgarien und Rumänien in einen Beschluss gepackt. Die User von 20 Minuten Online haben genau das in einer Umfrage klar abgelehnt.
National- und Ständerat haben in der Sommersession der Weiterführung des Abkommens zur Personenfreizügigkeit mit der EU zugestimmt. Auch deren Ausdehnung auf Rumänien und Bulgarien haben sie gutgeheissen. Zudem haben sich die beiden Kammern nach längerem Hin und Her und gegen den Widerstand der SVP darauf geeinigt, die zwei Geschäfte in einem Bundesbeschluss zusammenzufassen. So müsste das Volk bei einem Referendum nur über eine Vorlage befinden.
Gegen Paket-Lösung
Dies stösst bei einer klaren Mehrheit der User von 20 Minuten Online auf Ablehnung: Mehr als drei Viertel der über 1200 Teilnehmer an einer Online-Umfrage würden es vorziehen, wenn das Geschäft in zwei getrennten Vorlagen zur Abstimmung gelangte. Sogar jene Minderheit der Umfrage-Teilnehmer, die sich selbst politisch als eher oder klar links einordnet, ist klar gegen die Paket-Lösung des Parlaments: 61% von ihnen befürworten zwei einzelne Vorlagen.
Gegen Verlängerung
Die Mehrheit der Teilnehmer an der nicht repräsentativen Umfrage stellt sich auch gegen die Verlängerung des Abkommens zur Personenfreizügigkeit mit der EU. Wenig überraschend ist dabei, dass jene Teilnehmer, die sich politisch als «ganz rechts» oder «Mitte rechts» einstufen, der Personenfreizügigkeit besonders kritisch gegenüberstehen: Fast vier von fünf Usern (79,2%) dieser Gruppe lehnen die Verlängerung des Abkommens ab. Bei den Usern, die sich als «ganz links» oder «Mitte links» einordnen, sind hingegen 60,5% dafür.
Da entschieden mehr rechtsstehende User an der Umfrage teilnahmen, ergab sich insgesamt eine ablehnende Mehrheit von 67,8%.
Aufgeschlüsselt nach Wohngegend der Teilnehmer zeigt die Umfrage, dass Stadtbewohner die Personenfreizügigkeit am wenigsten entschieden (61,4%) ablehnen. Bei Bewohnern von Agglomerationsgemeinden ist die Ablehnung am grössten: 71,8% sind gegen die Verlängerung des Abkommens.
Die EU-Bürger unter den Teilnehmern sind erstaunlicherweise ebenfalls gegen die Verlängerung, aber der Anteil der Befürworter ist bei ihnen deutlich höher (42,6%) als bei den Schweizer Bürgern (32,1%).
Vor- und Nachteile
Bei den Vorteilen der Personenfreizügigkeit wird — in allen politischen Lagern — die Erlaubnis für Schweizer Arbeitnehmer, im gesamten EU-Raum zu arbeiten, am häufigsten genannt (39,1%).
Als einzige Gruppierung nennen Städter einen anderen Vorteil häufiger: den Zustrom von qualifiziertem Personal, der die Schweizer Wirtschaft stärkt.
Die grösste Gruppe indes bilden klar jene, die in der Personenfreizügigkeit überhaupt keine Vorteile erkennen können (41,6%).
Der meistgenannte Nachteil (Vor- und Nachteile konnten mehrfach genannt werden) ist die Zunahme des Sozialmissbrauchs (72,1%), die mit der Personenfreizügigkeit verbunden wird. Auch unter den linksstehenden Usern wird dieser Nachteil oft genannt (45,5%), hier überwiegt jedoch die Sorge vor Lohn- und Sozialdumping (57,1%). Diese Angst wird notabene von den rechtsstehenden Usern noch häufiger genannt (67,3%), allerdings weniger oft als die Zunahme des Sozialmissbrauchs (82,8%).
Keine Ausdehnung
Die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf die neuen EU-Staaten Rumänien und Bulgarien stösst auf starke Ablehnung. Nur die linksstehende Minderheit unter den Usern ist dafür (52%). Insgesamt sind mehr als drei Viertel (75,3%) der Umfrage-Teilnehmer dagegen. Überraschend liegt der Anteil der Befürworter bei EU-Bürgern und Schweizer Bürgern fast genau gleich hoch (25,9% bzw. 25%).
Die Frage, ob die EU eine Ablehnung der Ausdehnung auf ihre Mitgliedsstaaten Bulgarien und Rumänien hinnehmen würde, beantwortet eine Mehrheit (54,7%) mit Nein. Nur bei den Usern, die sich politisch eher rechts einstufen, findet sich eine dünne Mehrheit (50,6%), die glaubt, die EU werde einen solchen Entscheid akzeptieren.
Verlängerung
Das Freizügigkeitsabkommen mit der EU ist seit 1. Juni 2002 in Kraft und wurde für eine erstmalige Periode von sieben Jahren abgeschlossen. Vor Ablauf des Abkommens wird die Schweiz in Form eines referendumsfähigen Bundesbeschlusses über die Weiterführung des Abkommens beschliessen. Die Ablehnung der Verlängerung würde zwingend das Ende der Bilateralen Verträge I bedeuten.
Ausdehnung
Rumänien und Bulgarien wurden am 1.1.2007 in die EU aufgenommen. Gemäss den bilateralen Verträgen Schweiz-EU von 2002 gelten die meisten Abkommen automatisch für die Neumitglieder, nur beim Personenfreizügigkeitsabkommen (FZA) muss über die Ausweitung neu verhandelt werden.