«Buben lernen Schlagzeug, Mädchen Klavier»

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Wenige Frauen in Basler Bands«Buben lernen Schlagzeug, Mädchen Klavier»

Der RFV Basel hat nachgeforscht, wie gross der Frauenanteil bei Bands aus der Region ist. Das Resultat: Er liegt bei mageren zehn Prozent.

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Robyn Trachsel (30) ist eine von wenigen Frauen, die in der Region Basel den Schritt auf die Bühne gewagt haben.

Robyn Trachsel (30) ist eine von wenigen Frauen, die in der Region Basel den Schritt auf die Bühne gewagt haben.

Florian Cueni

898 Bands aus der Region hat der RFV Basel untersucht. Das Ergebnis der erstmals durchgeführten Studie: Lediglich 286 der 2841 lokalen Pop-Musikschaffenden sind Frauen.

An der Qualität ihrer Arbeit liege das nicht, wie die Studie schliesst: «Was Professionalität und Qualität des Musikschaffens angeht, sind Frauen im Pop sehr gut unterwegs», heisst es. Zudem seien die wenigen Frauen sehr aktiv: Knapp ein Viertel der Bands würden mit weiblicher Beteiligung spielen.

Musikerinnen fühlen mit

Die Basler Musikerinnen Robyn Trachsel und Judith Breitinger von der Noise-Rock-Band Asbest erleben die Szene als männerdominiert – vor, auf und hinter der Bühne. «Ich würde mir wünschen, wenn ich mich backstage hin und wieder mit Frauen unterhalten könnte», sagt Breitinger. Doch die meisten Helfer und Techniker seien auch männlich.

Schlecht gehe es ihnen nicht: «Wir werden gut unterstützt und fühlen uns nicht als Fremdkörper behandelt», sagt Trachsel. Den kleinen Anteil an Musikerinnen erklärt sie sich so: «Es gibt verinnerlichte Erwartungen daran, wie sich Frauen zu verhalten haben. Daraus entstehen Hemmungen. Die Musik ist aber nur eine von vielen Branchen, die davon betroffen ist.» Trachsel rät Frauen aber dazu, aus diesen Denkmustern auszubrechen: «Macht, worauf ihr Lust habt!»

«In meinem Freundeskreis gibt es viele Frauen, die zwar ein Instrument spielen, aber den Schritt auf die Bühne nicht gewagt haben», sagt Breitinger. Für Männer sei dieser Schritt aufgrund ihrer Erziehung naheliegender. Sie findet es zwar gut, dass die Diskussion entstanden ist, sehnt aber eine Zeit herbei, in der man gar nicht mehr darüber reden muss.

Studie nennt ähnliche Gründe

«Buben wird eher dazu geraten, Schlagzeug oder andere ‹laute› Instrumente zu lernen, während Mädchen [...] eher angehalten werden, etwas ‹Sanftes› zu lernen wie Gesang oder Klavierspielen», wird in der Studie als möglicher Grund angeführt.

Ebenfalls auf der Liste stehen gesellschaftliche Zuschreibungen: «Auf der Bühne zu stehen und etwas zu präsentieren, erfordert Selbstbewusstsein, Mut, Stärke und ein gewisses Mass an offensiver Haltung. Diese Eigenschaften werden gesellschaftlich stärker von Männern als von Frauen erwartet und ihnen zugeschrieben.»

Festivals wollen mehr Frauen

Sowohl bei internationalen als auch bei Schweizer Festivals ist die Unterbesetzung mit weiblichen Acts bereits seit geraumer Zeit ein Thema. 45 europäische und kanadische Festivals streben gar eine 50-Prozent-Quote bis 2022 an. Das Gurten hatte dieses Jahr 30 Prozent anvisiert, schaffte aber nur 23.

Beim Openair St. Gallen herrscht hingegen Skepsis. Erste Priorität vor der Frage nach dem Geschlecht hätten beim Booking die Aktualität der Acts, sagte eine Sprecherin im Februar gegenüber 20 Minuten.

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