Basel«Das ist Werbung mit Tierquälerei»
Wegen eines Ausstellungsplakats werden Tierquälerei-Vorwürfe gegen das Basler Museum Tinguely laut. Die Künstler versuchen zu beruhigen. Tierschützer kritisieren die Werbung.
Eine Katze baumelt in der Luft. Den festen Griff einer Frau im Nacken. Angenehm scheint das der Vierbeiner nicht zu finden. Eine Leser-Reporterin ist im Netz auf das Bild gestossen und reagiert entsetzt: «Das Tinguely Museum macht Werbung mit Tierquälerei», schreibt sie. Für sie ist die Aktion ein absolutes No-Go.
Das Foto ist Werbung für die Ausstellung «Too Early To Panic» im Museum Tinguely in Basel. Sie zeigt aktuell das Schaffen des Schweizer Künstlerduos Gerda Steiner und Jörg Lenzlinger. Die Frau auf dem Foto ist die Künstlerin Steiner selbst. Sie hält Lenzlingers Katze in der Hand.
Für Künstler wurde keine Grenze überschritten
Künstler Lenzlinger versucht zu beruhigen. Für ihn hat das Foto nichts mit Tierquälerei zu tun. «Der Katze ist nichts passiert», sagt er. «Ihr machte es auch nichts aus, als wir sie versuchsweise am Nacken packten und aufhoben. Aber genau in dem Moment, als das Foto geschossen wurde, rief sie aus und wollte zurück auf den Boden. Auf diesem haben wir sie natürlich gleich wieder abgesetzt», betont Lenzlinger. Nach Meinung von ihm und seiner Künstlerpartnerin wurde mit dem Foto keine Grenze überschritten. «Das Ausrufen der Katze und Steiners verstörter Blick bringen ja genau diesen Kontrast zum Ausdruck: Steiner weiss nicht, wie sie auf das unerwartete Verhalten der Katze reagieren soll», erklärt Lenzlinger.
Lenzlingers Katze lebt mittlerweile nicht mehr. Mit 20 Jahren habe sie aber ein stattliches Alter erreicht und es sei ihr bis zum Schluss gut gegangen, sagt er. «Tierquälerei käme uns nicht in den Sinn. Steiner und ich leben auf dem Land und besitzen auch heute noch Tiere, die wir sehr gern haben und um die wir uns gut kümmern.» Zudem sei das Foto bereits 15 Jahre alt.
«Elemente des Sadismus»
Ob das Foto alt oder neu ist, spielt für den Tierschutz beider Basel keine Rolle. «Die Botschaft, die dieses Foto transportiert, ist destruktiv», findet Geschäftsführerin Béatrice Kirn. Die Tierschützerin kann die Kritik am Werbefoto verstehen. Der schreiende Gesichtsausdruck der Katze und der wütende Blick der Frau gäben zusammen ein irritierendes Bild ab. «Es werden damit sogar Elemente des Sadismus transportiert», so Kirn. Für sie gibt es «keinen Grund, eine Katze so aufzuheben». Die Botschaft des Fotos könnte als tierschutzrelevant aufgenommen werden, sagt die Tierschützerin.
Der Griff in den Nacken ist bei Katzen laut Kirn nur zu medizinischen Zwecken üblich – also etwa bei einer tierärztlichen Untersuchung. «Der Griff ist dazu da, um sich vor Bissen und Kratzern zu schützen. Nicht, um Fotos zu machen», so Kirn.
Sei der Griff denn notwendig, solle man ihn fachgerecht ausüben, so die Tierschützerin. Heisst: «Man greift das Tier am Nacken und stützt es gleichzeitig unten am Gesäss, damit es nicht einfach in der Luft baumelt und die Körperspannung verliert.»
«Sind uns keines Verstosses bewusst»
Das Museum Tinguely weist die Kritik unterdessen zurück: «Es versteht sich von selbst, dass das Museum Tinguely als Kulturinstitution Regeln und Gesetze einhält, und wir sind uns hier keines Verstosses bewusst, weil es sich bei der Aufnahme um eine spontane Fotografie handelt, die vor über 15 Jahren entstanden ist», sagt Sprecherin Isabelle Beilfuss.
«Dass die Kunst manchmal auch die Grenzen des Erträglichen ritzt und diese bewusst auslotet, ist Teil ihrer Freiheit, und muss – auch von uns – so akzeptiert werden», so Beilfuss.