Überraschende Wende im Polizisten-Prozess

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Strafgericht BSÜberraschende Wende im Polizisten-Prozess

In ihrem Plädoyer stellte sich die Staatsanwältin am Dienstag hinter den angeklagten Polizisten. Beim Pfefferspray-Einsatz habe es sich um Notwehr gehandelt.

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Ein Basler Polizist sitzt seit Montag vor der Strafrichterin.
Der Mann soll nach einer Party auf dem NT-Areal 2012 einen Mann mit Pfefferspray verletzt haben.
Am 23. August 2014 soll er sich mit zwei Security-Mitarbeiter der Bar Rouge verstritten haben. (Symbolbild)
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Ein Basler Polizist sitzt seit Montag vor der Strafrichterin.

aj

Ein 47-jähriger Beamter der Polizei Basel-Stadt steht seit Montag wegen einfacher Körperverletzung, Nötigung, Hausfriedensbruch und mehrfachem Amtsmissbrauch vor der Strafrichterin. Am zweiten Prozesstag sorgte das Plädoyer der Staatsanwältin Daniela Erbe im Gerichtssaal für ungläubige Gesichter. Der Polzist habe sich korrekt verhalten, als er im Rahmen einer Personenkontrolle nach einer eskalierten Party auf dem NT-Areal zum Pfefferspray gegriffen hat. «Er befand sich in einem sehr angespannten, wenn nicht zu sagen im Ausnahmezustand, als er dem Mann ins Gesicht gesprayt hat. Es handelte sich dabei um Notwehr», begründete sie ihre Ausführungen.

Strafbar gemacht hätte sich aber der Mann, der den Spray abbekommen hätte. «Er hat sich keineswegs so friedlich benommen, wie er zu Protokoll gegeben hat», so Erbe. Sie halte den versuchten Kopfstoss des Partygängers, wie in der zweiten Sachverhaltvariante in der Anklage festgehalten wurde, für wahrscheinlich. Erbes Forderung in Sachen Pfefferspray-Einsatz: Freispruch für den Polizisten und Verurteilung wegen Gewalt gegen Beamte für dessen «renitentes» Gegenüber.

Grenze zwischen Polizist und Privatperson

Nicolas Roulez, Rechtsvertreter des Pfefferspray-Geschädigten, zeigte sich fassungslos. «Ich habe ernsthafte Bedenken an der Unabhängigkeit der Staatsanwältin», äusserte er sich. «Sie hat sich ganz klar auf eine Position festgelegt und ich halte sie für befangen», so Roulez und verwies darauf, dass die Anklage von einer anderen Staatsanwältin verfasst wurde.

Auf schuldig plädierte die Staatsanwältin beim zweiten angeklagten Fall, der im Zusammenhang mit einem Streit in der Bar Rouge stand. «Es fällt ihm offensichtlich schwer, wenn nicht unmöglich, die Grenze zwischen Polizist und Privatperson zu ziehen», so Erbe. Sein Verhalten in der Bar sei geradezu kindisch gewesen und das Verschulden nicht zu bagatellisieren. Eine bedingte Geldstrafe halte sie für angemessen.

«Hetzkampagne der Basler Zeitung ist Strafe genug»

Nichts anderes als ein Bauernopfer sei sein Mandant, insistierte Verteidiger Stefan Suter im Plädoyer. «Die Anklage wegen Nötigung und Hausfriedensbruch ist ein schlechter Witz.» Auch die anderen Straftatbestände hätten weder Hand noch Fuss. Im Falle einer Verurteilung bat er das Gericht, von einer Strafe abzusehen. «Die Hetzkampagne der Basler Zeitung ist Strafe genug.» Es gebe keine Berechtigung, wieso etwa ein Foto, das den Angeklagten in der Badewanne zeigt, veröffentlicht wurde. «Das machte ihn für einen grossen Teil seines Umfeldes erkennbar.» Zudem seien Unwahrheiten verbreitet worden, die nichts mit dem Prozess zu tun hätten, so Suter in seinem Schlusswort.

Das Urteil wird am Mittwoch verkündet.

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