Studenten wohnen bei fremden Grossmüttern

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Wohnungsnot in BaselStudenten wohnen bei fremden Grossmüttern

Es gibt noch freie WG-Zimmer in Basel – doch die sind teuer. Nun könnte das Schlummermutter-Modell für Studierende mit einem kleineren Budget Abhilfe schaffen.

von
mak
Eine schöne aber teure Variante. Das WG-Zimmer in der WG-H7 auf dem Dreispitz.

Eine schöne aber teure Variante. Das WG-Zimmer in der WG-H7 auf dem Dreispitz.

«Wir haben rund 150 Personen auf unserer Warteliste, von denen wir nicht wissen, ob und wie sie untergebracht sind», sagt Chaim Howald, Geschäftsführer von WoVe, dem Verein für studentisches Wohnen. In den letzten Jahren hat sich der Wohnungsmarkt in Basel stark verändert. Der Stadtkanton weist mit 0,3 Prozent eine der aktuelle tiefsten Leerstandsquoten der Schweiz aus. 361 Wohnungen waren im August in Basel noch frei. 2007 waren es zum selben Zeitpunkt fast fünf Mal so viel. Zu spüren bekommen die Wohnungsknappheit auch die Studenten.

Auf dem Internetportal wg-zimmer.ch gibt es zwar noch viele Angebote – die Monatsmieten übersteigen aber nicht selten 1000 Franken. Um auf den nationalen Durchschnitt an bezahlbaren Studentenzimmern zu kommen, fehlen in Basel aktuell rund 200 Zimmer. «In den letzten drei Jahren konnten wir von 330 auf 520 Zimmer aufstocken», so Howald. «Bis 2018 möchten wir aber den nationalen Durchschnitt von zirka 750 Zimmern erreichen.» Es sei in den letzten Jahren immer auch wieder vorgekommen, dass Leute bei der Studentischen Körperschaft (Skuba) auf dem Sofa schlafen mussten.

Zum Semesterstart immatrikulierten sich im September über 2000 neue Studenten an der Universität Basel. Diese verfügen laut Statistiken des Bundes im Durchschnitt über ein Budget von rund 2000 Franken pro Monat.

Luxus-WG oder Schlummermutter

Die neue Wohngemeinschaft des Architekturbüros Rolf Stalder auf dem Dreispitzareal ist für den Durschschnittstudenten eher nichts. Die WG-H7 preist sich zwar als günstige Wohnform für Liebhaber des «schönen Wohnens» an, kostet aber über 1200 Franken pro Monat und Zimmer. Das Konzept: Acht Suiten teilen sich eine gemeinsame Grossküche sowie zwei Wohnstuben. Jede Suite verfügt über ein eigenes Bad sowie einen Zugang zum Balkon.

Es gibt aber auch günstigere und altbewährte Möglichkeiten, zu einer Bleibe ausserhalb des Elternhauses zu gelangen. Zum Beispiel Schlummermütter. Dabei bieten meist ältere Menschen ihren ungenutzten Wohnraum zur Untermiete an. Und dieses Modell floriert. «In den letzten Tagen haben sich über zehn ältere Personen gemeldet, die Zimmer untervermieten möchten», so Howald. Er hofft, dass sich noch mehr Schlummermütter melden, damit so über 20 Studierende untergebracht werden können.

Schon 25 Untermieter

Sylvia Frey Werlen etwa vermietet seit mehr als 15 Jahren Zimmer an Studenten. «Ich hatte schon über 25 junge Menschen, die bei mir und meinem Mann gewohnt haben», so die 70-Jährige. Das Zusammenleben mit jungen Menschen habe sie stets belebt und auch jung gehalten.

Schlummermutter zu sein bedeute allerdings nicht, eine Mutter-Rolle zu übernehmen. «Zwei Jungen musste ich den Vertrag künden, da sie in mir einen Mutterersatz sahen.» Für ein gelungenes Zusammenleben in den eigenen vier Wänden sei es sehr wichtig, sein Territorium abzustecken. «Ich musste lernen, dass es besser funktioniert, wenn nicht alles geteilt wird.» Das Wohnzimmer ist für ihre Untermieter tabu, ausser Frey Werlen lädt sie ausdrücklich ein: «So entsteht ein angenehmes Nebeneinander.»

Die Menschen, die zu ihr kämen, wollten nicht alleine wohnen, aber auch nicht in eine WG ziehen. Es seien Menschen, die soziale Kontakte genauso wie Privatsphäre schätzen. «Ich denke, dieses Konzept ist eine Win-Win-Situation», so Frey Werlen.

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