Nach LabortestBehörden nehmen giftige Puppen aus dem Handel
Phthalate bringen den Hormonhaushalt von Kindern massiv durcheinander. In Spielzeug sind sie deshalb verboten. Dennoch haben Basler Chemiker das Gift nun in Puppen nachgewiesen.

Phthalate, wie sie in Puppen enthalten sein können, hemmen die Entwicklung von Kleinkindern.
Wer seinem Kind eine Puppe unter den Christbaum legen will, sollte beim Kauf besser nicht zum billigsten Angebot greifen. Denn gerade bei Spielzeug aus dem Tiefstpreissegment droht eine Belastung mit Phthalaten. Chemiker des Kantonalen Laboratoriums Basel-Stadt haben 29 besonders billige Puppen und Plastikfiguren aus dem Handel untersucht – drei der Puppen enthielten die hormonaktiven Giftstoffe.
Wie Phthalate im Körper wirken, zeigen zahlreiche Studien. «Besonders problematisch ist, dass sie bei Föten und Kindern bis drei Jahren die Ausschüttung von Testosteron hemmen», sagt Rex FitzGerald vom Schweizerischen Zentrum für angewandte Humantoxikologie. «Bei Buben und männlichen Föten wird die Spermienproduktion verändert, was zu Zeugungsunfähigkeit führen kann.» Ausserdem stehen die Stoffe im Verdacht, Hyperaktivität zu fördern.
Frühes Brustwachstum durch Phthalate
Auch bei Mädchen kommt es zu unerwünschten Effekten: In Puerto Rico etwa wurde schon bei Zweijährigen, die eine erhöhte Konzentration von Phthalaten im Blut hatten, eine unüblich frühe Brustentwicklung beobachtet. In Washington haben Wissenschaftler herausgefunden, dass mit Phthalaten belastete Frauen bis zu zwei Jahre früher in die Wechseljahre kommen. Auch bei Männern bringt man immer wieder Brustwachstum mit den toxischen Weichmachern in Verbindung.
«In Kinderspielzeug sind diese Weichmacher deshalb in der Schweiz und der EU verboten», sagt FitzGerald. Dass sie jetzt dennoch in Puppen entdeckt wurden, sei «schlimm, aber leider nicht erstaunlich». Immer wieder würden Hersteller das Verbot ignorieren. Phthalate werden bei der Verarbeitung von Kunststoffen eingesetzt.
Gifte gelangen durch Berührung in den Körper
Der Körper nimmt die Stoffe in erster Linie durch den Mund auf. «Bei Kindern ist also das Lutschen an belastetem Spielzeug eine massgebliche Quelle», sagt Urs Hauri vom Kantonalen Laboratorium Basel-Stadt. Aber auch die reine Berührung reicht aus, damit Phthalate über die Haut in den Körper gelangen. «Da sie nicht gebunden sind, dampfen sie aus und gelangen ausserdem in die Atemluft und den Hausstaub.»
Komplett ausweichen kann man den Stoffen nicht. «Sie kommen in vielen Bereichen und in grossen Mengen zur Anwendung», sagt Hauri. So werden etwa Kabel und andere Produktgruppen mit Phthalaten hergestellt.
Die belasteten Puppen, die in den Kantonen Basel-Stadt und Aargau erstanden wurden, dürfen in der ganzen Schweiz nicht mehr verkauft werden. Um welche Exemplare es sich genau handelt, darf Hauri nicht verraten. Dies lässt das Gesetz nicht zu.