Basler Todesraser«Innere Stimmen trieben mich zur Amokfahrt»
Ein entflohener Psychiatrie-Insasse hat 2012 in Basel mit einem Auto mehrere Personen umgefahren und eine Frau getötet. Vor Gericht beteuert er, er habe niemanden töten wollen.
Seit Dienstag wird am Basler Strafgericht der Fall eines jungen Mannes verhandelt, der bei einer Amokfahrt durch Basel im März 2012 eine Frau tötete und mehrere Personen teils auf Schwerste verletzte. Der heute 28-Jährige leidet an einer paranoiden Schizophrenie und verbrachte seit 2007 und einem früheren Urteil die meiste Zeit in Massnahmezentren und Kliniken.
Erst auf der geschlossenen Abteilung R2 wurde der Mazedonier Wochen vor dem Unglück von den Ärzten der Universitären Psychiatrischen Kliniken beider Basel (UPK) neu beurteilt. Dabei wurde die Krankheit des jungen Mannes als weniger gravierend eingeschätzt. In der Folge wurde er auf die Abteilung R4 mit niedrigeren Sicherheits-Standards verlegt.
«Mutter» befahl ihm zu fliehen
Ein folgenschwerer Entscheid: Bereits im Januar wurde der Patient gewalttätig – er schlug einen anderen Insassen. Am 13. März dann entriss er einer Praktikantin den Schlüssel und flüchtete aus der Klinik. Am heutigen Verhandlungsbeginn sagte er, dass ihm eine innere Stimme, die er seiner Mutter zuordnet, befohlen hatte, «nach Mazedonien zu fliehen».
Danach versuchte er, sich ein Auto zu beschaffen. Fünf Autofahrer griff er an, bis er erfolgreich und durch Einsatz von Gewalt einen VW ergattern konnte. Anschliessend raste er teils auf der falschen Strassenseite ins Stadtzentrum. Dabei verletzte er mehrere Personen.
Besonders auf der mittleren Brücke schien der zur Tatzeit 28-Jährige direkt Velofahrer anzupeilen und fuhr dabei auf das Trottoir. Von hinten rammte er eine Gruppe von Velofahrern. Darunter auch eine 48-Jährige, die durch die Luft geschleudert wurde und noch am gleichen Tag ihren schweren Verletzungen erlag.
Der Angeklagte stoppte seine irre Fahrt jedoch noch nicht, sondern verletzte weitere Personen. Ingo Sutter* wurde auf dem Velo vom Amokfahrer erfasst. «Ich leide auch heute noch sehr unter den Schäden», sagte er am ersten Prozesstag gegenüber 20 Minuten. Insgesamt erlitt er über 50 Knochenbrüche und musste schon fünf Operationen über sich ergehen lassen. Seit anderthalb Jahren ist er in stationärer Behandlung in einem Rehabilitationszentrum.
Die Fahrt fand ein jähes Ende, als der entflohene Psychiatrie-Insasse in eine Mauer jenseits der Brücke fuhr. Als er wegrennen wollte, konnte er durch couragierte Passanten festgehalten werden, bis die Polizei eintraf.
Urteil am Donnerstag
Zum Prozessauftakt gab er an, sich kaum an die Ereignisse vom vergangenen Jahr erinnern zu können. «Ich habe aber sicher niemanden töten wollen», gab er zu Protokoll. Auf die Frage, woher er das wisse, antwortete er: «Das kann ich mir einfach nicht vorstellen.» Inzwischen wartet der Beschuldigte auf einen Platz im vorzeitigen Strafvollzug.
Die Gutachterin empfahl eine Strafe in einer geschlossenen Klinik, da der Angeklagte «ein erhöhtes Rückfallrisiko besitzt». Ein Urteil ist für Donnerstag zu erwarten, der Angeklagte wurde als schuldunfähig eingestuft.
*Name geändert