Lückenhafte ÜberwachungBasler Trams fahren mit «blinden» Videokameras
Von einer Messerstecherei im Tram gibt es keine auswertbaren Videobilder, obwohl Kameras installiert waren. Der Grund: Die BVB haben nicht genug Festplatten.

Machmal nur zur Abschreckung: Nicht immer fährt im Tram auch eine Festplatte mit, um die Bilder der Überwachungskamera zu speichern.
20 Minuten/lasIn den frühen Morgenstunden des 2. Aprils wurde ein 23-Jähriger in einem Tram der Linie 8 von mehreren Personen angegriffen und mit einem Messer verletzt. Der Streit soll in der Disco Fame seinen Anfang genommen haben, schrieb die Staatsanwaltschaft, und sei schliesslich im Tram eskaliert. Die Polizei nahm an der Schifflände fünf Verdächtige fest, während das Opfer in die Notaufnahme eingeliefert werden musste.
Dabei hätte der Vorfall von den im Tram installierten Kameras aufegezeichnet werden müssen. Wie die «Schweiz am Sonntag» aufdeckte, war dies aber nicht der Fall.
Der Grund für die fehlenden Aufnahmen soll ein Mangel an Festplatten sein. Denn die Staatswanwaltschaft habe zuvor zur Klärung eines anderen Falles aus sechs Flexity-Trams die Datenträger eingezogen, ohne dass die Basler Verkehrs-Betriebe sie in den betroffenen Fahrzeugen ersetzt hätten. Ausgerechnet eines dieser Trams wurde zum Schauplatz des Messerangriffs. «Der genaue Hergang der Tat und Grund der Auseinandersetzung sind noch unklar», musste die Staatsanwaltschaft daraufhin konstatieren.
«Beschränkte Menge an Ersatzdatenträgern»
Gegenüber der Zeitung erklärte BVB-Sprecher Benjamin Schmid: «Wenn die Staatsanwaltschaft mehrere Datenträger gleichzeigtig eingezogen hat, kann es vorübergehend vorkommen, dass einzelne Fahrzeuge ohne Speichermedien verkehren, da die BVB nur über eine beschränkte Menge an Ersatz-Datenträgern verfügen.»
Die 500-Gigabyte-Festplatten kosten 500 Franken pro Stück. Derzeit würden die BVB prüfen, wie solche Engpässe verhindert werden könnten. Bei neueren Fahrzeugen gebe es bereits eine Lösung: Videosequenzen könnten per WLAN ans Depot übermittelt werden, was den aufwendigen Ein- und Ausbau der Datenträger unnötig machen würde. Beim Partnerunternehmern Baselland Transport AG bestehe das Problem indes nicht. Dieses werte seine Videodaten selber aus und gebe diese dann an die Polizei weiter, ohne die Überwachung in den Trams auszusetzen.
«Für Terroranschläge prädestiniert»
Grossrat und Sicherheitspolitiker Eduard Rutschmann (SVP) kann nicht nachvollziehen, wieso die BVB bei der Sicherheit sparen, obwohl der Kanton Beiträge an die Überwachung leistet. «Die BVB müssen das sofort wieder in Ordnung bringen», sagt er. Konkret heisst es für ihn, dass die BVB umgehend zusätzliche Festplatten anschaffen, um all ihre Fahrzeuge ausrüsten zu können, oder die Auswertung wie die BLT vornehmen. «Die BLT ist ein Bijou und der BVB in jeder hinsicht zehn Schritte voraus», bilanziert er.
Die gegenwärtige Überwachungslage empfindet Rutschmann als «Horror». Der öffentliche Verkehr sei wegen der Menschendichte auch «für Terroranschläge prädestiniert». Eine derart lückenhafte Überwachung, wie sie die BVB praktiziert, sei in Zeiten zunehmender Gewaltdelikte und drohendem Terrorismus untragbar.