Racial ProfilingPolizeikontrolle gestört – Gericht bestätigt Busse
Das Strafgericht bestätigt den Strafbefehl gegen einen 56-jährigen Schweizer. Dieser war bei einer Polizeikontrolle eingeschritten, die er für rassistisch motiviert hielt. Doch er lässt sich nicht beirren.
Marc Oestreicher fühlt sich trotz Schuldspruch nicht als Verlierer. (Video: 20 Minuten)
Darf man bei einer Polizeikontrolle intervenieren, wenn der Verdacht besteht, dass sie aus rassistischen Gründen erfolgt? Nein, findet das Basler Strafgericht. Es bestätigte am Dienstag den Strafbefehl über 400 Franken wegen Erschwerunge einer Amtshandlung gegen den 56-jährigen Marc Oestreicher. Der Basler hatte mit seiner Ehefrau bei der Kontrolle eines Schwarzafrikaners bei der Kaserne wegen Verdachts auf Racial Profiling interveniert und sich den Weisungen der Polizei widersetzt.
Die Urteilsverkündung, der am Dienstagnachmittag dutzende Aktivisten beiwohnten, wurde von Zwischenrufen begleitet und schliesslich mit Buhrufen quittiert. Einzelrichter Lucius Hagemann kam zum Schluss, dass die Personenkontrolle des Schwarzafrikaners rechtmässig war. «Natürlich darf diese nicht aufs Blaue hinaus erfolgen, es braucht aber keinen Tatverdacht», führte er aus. Kriterien wie Zeit, Ort und Erfahrungswerte seien ausreichend.
Gericht wollte kein Beweisverfahren
Dieser Argumentation widerspricht Verteidiger Alain Joset. «Die Hautfarbe war das einzige Kriterium bei der Kontrolle.» Andere Gründe, obwohl vom Gericht angeführt, seien gar nicht in einem Beweisverfahren geprüft worden, wie es Joset vergebens verlangte. So hätten die in den Vorfall involvierten Beamten vorgeladen werden sollen, da sie im Einvernahmeprotokoll nicht ausreichend hätten darlegen können, weshalb ihnen die kontrollierte Person ausser ihrer Hautfarbe verdächtig erschien.
Weiter verwies die Verteidigung auf einen Text des ehemaligen Basler Polizeikommandanten Markus Mohler, der beschreibt, wie unbewusste Vorurteilshaltungen die Handlungen von Personen beeinflussen können. Diese müssten nicht offen rassistisch sein, um diskriminierend zu agieren.
Oestreicher selbst ging gar noch weiter und bezichtigte die Polizei, bewusst rassistisch zu handeln. Diese Praxis werde von der Justiz gedeckt, indem sie ihn und die Opfer kriminalisiere. Das eigentliche Problem – nämlich dass Menschen mit dunkler Hautfarbe gezielt kontrolliert würden – bliebe damit unangetastet.
«Geht dazwischen»
Joset und Oestreicher wollen höchstwahrscheinlich gegen das Urteil Berufung einlegen. Oestreicher, durch den Prozess selbst zum Aktivisten geworden, fühlt sich trotz der erstinstanzlichen Niederlage in seinem Verhalten bestärkt. «Geht dazwischen, möglichst zu zweit oder zu dritt. Ihr dürft auch fotografieren», forderte er die Aktivisten auf, die ihn zum Gericht begleiteten.
Für seine Zivilcourage wurde Oestreicher von mehreren schwarzen Aktivisten der Allianz gegen Racial Profiling gelobt. «Ich werde auch nach 19 Jahren in der Schweiz immer wieder kontrolliert», erzählte einer. «Diese Wunde verheilt nie.»
Strafverteitiger Alain Joset hält am Vorwurf des Racial Profilings gegen die Basler Kantonspolizei fest. (Video: 20 Minuten)
Das sagt Verteidiger Marc Joset zum Urteil. (Video: 20 Minuten)