Krawalle in BernTschäppät reichts – kein Geld für die Reitschule
Bei Ausschreitungen in Bern werden elf Polizisten verletzt. Stapi Alexander Tschäppät fühlt sich hintergangen – und will vorläufig den Geldhahn zudrehen.
Wut, Ohnmacht und Unverständnis – dies verspürt Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) nach den Ausschreitungen rund um die Reitschule am Montagmorgen: «Was passiert ist, geht gar nicht. Ich fühle mich hintergangen», sagt er gegenüber 20 Minuten. Der Berner Stapi hatte gemeinsam mit Reitschülern am runden Tisch gesessen und den neuen Leistungsvertrag ausgehandelt.
Angesichts des grossen Gewaltpotenzials der Angreifer ist für Tschäppät klar, dass es kein Zurück zur Tagesordnung gibt. Welche Sanktionen ergriffen werden könnten, kann Tschäppät derzeit noch nicht abschätzen – «dafür ist es noch zu früh». Zunächst müsse der Sachverhalt genau geklärt werden. Laut Polizei sind etwa auch die mehrfachen Anrufe der Einsatzzentrale auf das extra installierte Kontakttelefon allesamt unbeantwortet geblieben.
Geld soll vorerst gestrichen werden
Doch eines ist für den Politiker schon jetzt klar: «Der im Dezember fertiggestellte Leistungsvertrag zwischen Stadt und Reitschule muss nochmals überprüft und allenfalls verschärft werden.» Die geplante Debatte im Berner Stadtparlament über den vom Gemeinderat ausgehandelten neuen Leistungsvertrag soll vorerst auf Eis gelegt werden. Die städtischen Betriebsbeiträge an die Reitschule von jährlich rund 60'000 Franken für Nebenkosten sollen vorerst nicht ausgezahlt werden.
Tschäppät hat dennoch auch nach diesem Wochenende die Hoffnung auf ein friedliches Kulturzentrum auf der Schützenmatte noch nicht aufgegeben; er will erneut den Dialog mit den Verantwortlichen suchen. «Wir werden eine Krisensitzung einberufen.»
Bekennerschreibern im Internet aufgetaucht
Angst vor Sanktionen scheinen die Krawallmacher aber keine zu haben. Auf der Internetplattform indymedia.org bekennt sich eine Gruppe mit dem Namen Leon Czolgosz zu dem Angriff. Die Gruppe mit dem Namen eines anarchistischen Attentäters, der den US-Präsidenten McKinley im Jahr 1901 erschoss, schreibt etwa: «In der Nacht auf Sonntag sind wir in einem selbstbestimmten und entschlossenen Schritt in die offene Konfrontation mit den herrschenden Zwängen gegangen.»
Aufruf zu weiteren Angriffen
Im Eintrag rufen die Täter zudem dazu auf, «weitere Angriffe und Aktionen zu wagen». Für den bernischen Sicherheitsdirektor Reto Nause ist klar: «Es wird erneut zu solchen Vorfällen kommen.» Und dabei würden die Krawallmacher, die die Polizisten mit brennenden Strassensperren in einen Hinterhalt gelockt haben, Schwerverletzte in Kauf nehmen. Doch nicht nur die elf verletzten Einsatzkräfte und die latente Gefahr erneuter Angriffe erzürnen Nause – «die Betreiber der Reitschule haben sich bis heute nicht von der Gewaltorgie distanziert», so der CVP-Gemeinderat.
Nause vermutet gar, der hauseigene Sicherheitsdienst sei selbst Teil der Aktion oder zumindest im Voraus über das Vorhaben informiert gewesen: «Wie sonst hätten all die Steine auf das Dach der Reitschule transportiert werden können?»
So fordert der CVP-Politiker erneut strenge Sanktionen und unterstützt deshalb auch das Vorhaben von Tschäppät: «Die finanziellen Beiträge für die Reitschule müssen gestrichen werden.»
Wenn zwei sich streiten
Während sich der Zwist zwischen Stadt und Reitschule verstärkt, freut sich ein Dritter: Am kommenden Freitag reicht Erich Hess (SVP) die gesammelten Unterschriften für die Initiative «Keine Steuergelder für die Berner Reithalle» ein.