Interlaken setzt voll auf muslimische Touristen

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Halal im OberlandInterlaken setzt voll auf muslimische Touristen

Ob geschächtetes Fleisch oder Gebetsteppiche mit Kompass: Im Berner Oberland setzt man auf den Tourismus aus der Golfregion – mit einigem Erfolg.

Gern gesehene Gäste: Muslimische Touristinnen schlendern durch Interlaken.

Gern gesehene Gäste: Muslimische Touristinnen schlendern durch Interlaken.

Keystone

«Halal Barbecue Cruise» nennt sich die anderthalbstündige Kreuzfahrt auf dem Brienzersee. Die Männer an Bord tragen Bart, die Frauen Burka oder Kopftuch. Gereicht werden Halal-Spiessli und -Burger – ohne Schweinefleisch und aus islamischer Schlachtung.

Zwar verdiene man mit diesen Kreuzfahrten nicht gross Geld, sagt Stefan Ryser, Vizedirektor von Interlaken Tourismus und dort zuständig für die Golfstaaten, gegenüber der «Berner Zeitung» (BZ). Doch seien die Halal Cruises ein gewichtiges Vermarktungsargument bei den finanzkräftigen Touristen aus den Golfstaaten. Dies scheint anzukommen: Seit 2007 hat Interlaken die Logiernächtezahl von Gästen aus den Golfstaaten versiebenfacht, wie die BZ schreibt.

Gleitschirmflug in der Burka

Keine andere Schweizer Feriendestination hat sich so sehr dem muslimischen Tourismus verschrieben wie Interlaken. Während man in der Innerschweiz auf Indien und China setzt, bearbeitet man im Berner Oberland die Golfstaaten, Indonesien oder Malaysia. Weltweit soll die Zahl muslimischer Touristen in den nächsten vier Jahren um 40 Prozent zunehmen, schätzen Experten. Zur Zeit sind es rund 600'000 Muslime, die die Schweiz besuchen.

In Interlaken gibt es derweil nicht nur Halal-Restaurants und Shisha-Bars, sondern ebenso Gebetsteppiche mit Kompass für die Gebetsausrichtung nach Mekka, Nassrasuren beim Coiffeur und Gleitschirmpilotinnen, die Musliminnen zu islamkonformen Passagierflügen verhelfen. Die Website interlakenforarabs.com bietet Orientierungshilfe.

Mehr als Verzicht auf Schweinefleisch

Trotz der Efforts ortet Mounir Khouzami vom Swiss Arab Network im Interlakner Angebot noch Verbesserungspotential. So fehlten öffentliche und private Waschmöglichkeiten für die Füsse zur Vorbereitung aufs Gebet. Auch müssten bei Exkursionen die Gebetspausen eingeplant werden. In der Türkei oder in Thailand etwa würden Hotels auch geschlechtergetrennte Swimmingpools oder Strandabschnitte anbieten.

Ohnehin schöpfe die Schweizer Wirtschaft das Potential des Halal-Marktes noch bei weitem nicht aus, findet Khouzami. Dies obwohl es laut der Beratungsfirma Thompson Reuters einer der weltweit am schnellsten wachsenden Märkte ist. Halal werde zu oft auf Verzicht auf Schweinefleisch und Alkohol reduziert, so Khouzami in der BZ. In Tat und Wahrheit sei das Halal-Konzept aber viel umfassender, weshalb Halal-Standards auch in Mode, Medizin, Kosmetik und Banking Fuss fassten. (20 Minuten)

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