Marktgass-SanierungHistorische Berner Brunnenfigur verlor Füsse
Riesen-Fauxpas in der Marktgasse: Die Füsse der Figur des Schützenbrunnens brachen ab, als Arbeiter die Statue wegheben wollten. Der Sockel bleibt nun bis im nächsten Jahr verwaist.
Eine der wertvollsten Berner Brunnenfiguren ist kaputt: Als Arbeiter die Schützenbrunnen-Skulptur wegheben wollten, brachen die Füsse des stolzen Obmannes auf Knöchelhöhe ab. Ebenso ging es der dazugehörenden Bärenfigur.
Wie Recherchen von 20 Minuten zeigen, passierte der Fauxpas bereits Anfang April (siehe Box). Eigentlich sollte die 470 Jahre alte Schützenfigur vor Beginn der Bauarbeiten in der Marktgasse in Sicherheit gebracht werden. «Wir klären derzeit noch ab, was beim Abtransport schief ging», sagt der Chef der beauftragten Berner Steinfirma.
Sockel bleibt lange leer
Klar ist: Der Schütze wird nie mehr zurück auf den Sockel steigen – eine Kopie wird seinen Platz auf dem Brunnen einnehmen. Pläne für eine Metallstütze wurden verworfen, weil sie das Bild des Unesco-Welterbes stören würde. «Die Kopie wird originalgetreu angefertigt und nicht als solche zu erkennen sein», sagt Nina Susedka, Sprecherin der Berner Stadtbauten.
Ein bitterer Nachgeschmack bleibt: Bei der feierlichen Marktgasse-Eröffnung Mitte September gibt es nur den leeren Brunnensockel zu bestaunen. Die Kopie der Schützenfigur wird erst 2014 fertig sein.Derweil liegt das Original ohne Füsse, aber gut verpackt, an einem «sicheren Ort» in einer Kiste auf Styropor gebettet. Es soll einen Platz im Museum erhalten – wenn er wieder auferstanden ist
Ab ins Museum?
Beim Historischen Museum würde man den Schützen mit Handkuss nehmen für die wertvolle Figur würde sofort Platz geschaffen: «Der Zyklus der Brunnenfiguren gehört zu den Spitzenobjekten der Schweizer Kunst», sagt Kurator Quirinus Reichen. Er würde sich nahtlos in die anderen fünf Brunnenfiguren einreihen, die bereits dort aufbewahrt werden. Seit Jahrzehnten stehen die Figuren der Anna Seiler, des Läufers, der Justitia, des Simson- und des Vennerbrunnens. Sie alle waren in schlechtem Zustand und brauchten Schutz. Allesamt wurden sie durch Kopien ersetzt. Auf den Sockeln der berühmten elf Berner Brunnen stehen also nur noch sechs Originale. Ob der stolze Obmann aber tatsächlich ein neues Zuhause im Historischen Museum findet, ist noch unklar: «Die Stadt Bern ist bisher noch nicht auf uns zugekommen», so Reichen, «unsere Besucher würden sich aber sicher freuen.» (smü)
Warum Schaden verschwiegen?
Bereits im April ist die Schützenfigur zerbrochen. Warum wurde die Bevölkerung nicht über den Fauxpas aufgeklärt? «Wir wollten die Berner informieren, sobald das weitere Vorgehen und die Kosten klar sind», sagt Nina Susedka, Sprecherin der Berner Stadtbauten. Die Kosten setzten sich aus der Anfertigung der Kopie und der Reparatur des Schützen zusammen. Man entscheide sich nächste Woche für eine Offerte und erteile dann bald den Auftrag dafür. (smü)