«Das kalte Herz»Crowdfunding für vergessenes Film-Märchen
Die Film-Trouvaille «Das kalte Herz» mit Franz Schnyder, dem bekannten Schweizer Regisseur, soll mit Hilfe von Crowdfunding restauriert werden: Dafür will ein Berner sorgen.

Versucht per Crowdfunding Geld für die Filmrestaurierung aufzutreiben: Der Burgdorfer Cinéast Raff Fluri.
In der Regel versuchen Neo-Filmemacher oder Jungmusiker, ihre Träume und Projekte mit Hilfe von Crowdfunding-Plattformen zu realisieren. Nun möchte der Berner Filmemacher Raff Fluri aus Burgdorf die Geldbeschaffung via Internet dazu nutzen, einen längst vergessenen Schweizer Film zu retten und wieder zum Leben zu erwecken. «Ich versuche, auf wemakeit 20'000 Franken zu sammeln», sagt der 35-Jährige. Damit wolle er den Film «Das kalte Herz» fertigstellen und restaurieren.
Gotthelf-Regisseur als Schauspieler
Die Hauptrolle im Märchenfilm «Das kalte Herz» spielt die Schweizer Filmgrösse Franz Schnyder. Dieser erlangte seinen Ruhm jedoch nicht als Schauspieler, sondern als Regisseur der Gotthelf-Verfilmungen «Uli der Knecht», «Uli der Pächter», «Die Käserei in der Vehfreude» oder «Die sechs Kummerbuben». Schnyder gilt heute als einer der erfolgreichsten Schweizer Filmemacher. Dass der Kult-Regisseur 1933 als junger Theaterschaffender in Berlin aber auch als Schauspieler in einem Film mitwirkte, war bisher unbekannt und geschah auch nur einmal.
Nicht arisch genug für die Nazis
Doch «Das kalte Herz» wurde nie in den Kinos gezeigt, da im selben Jahr in Deutschland Hitler an die Macht kam und dadurch die Fertigstellung des Films erschwert und eine Veröffentlichung unmöglich wurde. «Den Nazis war der Film wohl nicht arisch genug», sagt Fluri. Franz Schnyder kehrte nach dem Einzug Hitlers in die Schweiz zurück, wo er bei seinen Spiel- und Auftragsfilmen ausnahmslos Regie führte und Drehbücher schrieb.
«Das kalte Herz» verschwand in der Versenkung, bis Raff Fluri 2009 Ausschnitte davon in Schnyders Nachlass entdeckte. «Die Szenen faszinierten mich und der Film liess mich nicht mehr los», sagt Fluri. Vier rechercheintensive Jahre später stiess er auf die originalen Filmrollen. Sie waren in der Akademie der Künste in Berlin eingelagert. «Das fühlte sich an wie ein Sechser im Lotto», sagt Fluri. Jedoch waren einzelne Rollen in einem sehr schlechten Zustand.
Restaurierung ist Zeit- und Kostenintensiv
Deshalb versucht der Cinéast nun, an Geld zu kommen, denn die Filmrollen müssen chemisch bearbeitet und digitalisiert werden. Danach folgt die Retusche: «Auf jedem einzelnen Bild werden dabei Kratzer und Staubkörner entfernt», sagt Fluri. Das sei enorm zeit- und deshalb auch kostenintensiv. Ebenfalls ein grosser Kostenpunkt sei das Komponieren und Einspielen der Musikbegleitung. «Wir konnten dafür das Robert-Israel-Orchester aus Tschechien gewinnen», sagt Fluri stolz. Israel machte sich einen Namen durch zahlreiche Neukompositionen für Filme von Harold Lloyd, Buster Keaton oder Charlie Chaplin.
«Das kalte Herz» ist ein bekanntes Märchen aus dem Jahr 1827 von Wilhelm Hauff. Es wurde mehrfach verfilmt, unter anderem als Kinderfilm in der DDR 1950, von der Augsburger Puppenkiste 1978, im selben Jahr als sechsteilige Fernsehserie des ZDF, als Animationsfilm 2013 und letztes Jahr als Spielfilm von Marc-Andreas Bochert, ebenfalls für das ZDF.