Sozialhilfebetrug über 674'000 Franken

Aktualisiert

Kanton BernSozialhilfebetrug über 674'000 Franken

Bernische Sozialinspektoren haben 2015 über 70 Missbrauchsfälle aufgedeckt. Das sind 7 Prozent mehr als im Vorjahr.

von
cho
Bei 179 Fällen hatten Sozialdienste einen erhärteten Verdacht auf Missbrauch.

Bei 179 Fällen hatten Sozialdienste einen erhärteten Verdacht auf Missbrauch.

Kein Anbieter/Alessandro Meocci

Rund 47'000 Menschen werden im Kanton Bern von der Sozialhilfe unterstützt. Um jedem Bürger eine Existenz zu sichern, nimmt der Kanton jährlich fast 700 Millionen Franken in die Hand. Doch unter den Sozialhilfebezügern im Kanton Bern verstecken sich auch schwarze Schafe – und zwar immer häufiger, wie ein Bericht der Gesundheits- und Fürsorgedirektion zeigt. Rund 70 Missbrauchsfälle wurden den Sozialdiensten 2015 gemeldet – zirka 7 Prozent mehr als im Vorjahr.

Bei insgesamt 179 Fällen wurden die Sozialarbeiter misstrauisch und liessen Bezüger von sogenannten Sozialinspektoren kontrollieren. Einen Fall aus dem Jahr 2015 schildert die Sozialinspektion Kanton Bern, die letztes Jahr über 100 Missbrauchsfälle für den Kanton überprüfte: «Ein Ehepaar gab nach der Trennung an, in verschiedenen Wohnungen zu leben, um so mehr Sozialhilfe beziehen zu können. Dies belegten sie mit einem gefälschten Mietvertrag», erinnert sich ein Mitarbeiter. Erst durch verdeckte Ermittlungen flog das Paar auf.

«Er wollte sofort auf Sozialhilfe verzichten»

Auch die Xpert Center Ag, eine Tochterfirma der Mobiliar, schickt im Auftrag der Gemeinden Sozialdienstinspektoren auf die Pirsch. Bruno Sommer ist seit 15 Jahren in der Branche tätig und hat schon einiges erlebt: «Letztes Jahr haben wir bei verdeckten Ermittlungen herausgefunden, dass ein Sozialhilfebezüger nebenbei ein lukratives Exportgeschäft mit Gebrauchtwaren unterhielt», sagt der Leiter Missbrauchsbekämpfung. Von Sommer in flagranti erwischt und konfrontiert hätte der Mann jedoch sofort gestanden: «Er sagte noch an Ort und Stelle, dass er ab sofort auf Sozialhilfe verzichten wolle.»

Häufiger Missbrauch in Biel

115 Fälle wurden im vergangenen Jahr abgeschlossen, wobei der Kanton insgesamt 775'000 Franken für Inspektoren ausgab. In 62 Prozent der Fälle erhärtete sich der Verdacht. Davon wurden 35 Prozent der Sozialhilfebetrüger von den Sozialdiensten angezeigt. Weitere 24 Prozent kamen mit einem blauen Auge davon: Gegen sie wurde keine Strafanzeige erstattet, sie müssen jedoch die missbrauchten Gelder zurückzahlen. Dabei handelt es sich 2015 um 674'000 Franken, davon fielen am meisten auf die Regionen Biel (350'000) und Laupen (70'000).

Obwohl die Anzahl der aufgedeckten Fälle gestiegen ist, relativiert die Gesundheits- und Fürsorgedirektion. «Dabei handelt es sich um weniger als ein Prozent der Sozialhilfeunterstützungen», betont Jelena Jovicic, Stellvertretende Leiterin der Abteilung Existenzsicherung.

(cho/sda)

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