Krawalle in BernMindestens 22 Verletzte, darunter fünf Polizisten
Bei Zusammenstössen zwischen Kurden und Türken in Bern hat es 22 Verletzte gegeben. Ein Auto war in eine Menschenmenge gerast, die Polizei setzte Tränengas ein.
In der Berner Innenstadt ist es am früheren Samstagnachmittag zu Auseinandersetzungen zwischen Türken und Kurden gekommen. Teilnehmer einer Gegendemo hätten den Helvetiaplatz besetzt und Polizisten angegriffen. Danach gerieten sie auch mit den Teilnehmern der bewilligten Demonstration aneinander.
Die Polizei teilte am Sonntagmittag mit, es seien 22 Personen verletzt worden, darunter fünf Polizisten. Zudem wurde ein Diensthund durch einen Fusstritt gegen den Kopf verletzt. Es sei nicht auszuschliessen, dass es noch weitere verletzte Personen gebe, die sich selbständig in medizinische Behandlung begeben haben.
Die Polizei war bis am Abend mit den Ausschreitungen beschäftigt. Vor der Schützenmatte gab es gegen 20 Uhr eine dritte Demonstration, die im Zuge der Geschehnisse vom Nachmittag spontan ins Leben gerufen wurde. Die ausgerückten Polizisten wurden bei ihrem Eintreffen jedoch massiv von mehreren Personen angegriffen, heisst es im Communiqué. Es seien Steine und Flaschen geflogen sowie Feuerwerkskörper gezündet. Die Sachbeschädigungen waren erheblich. Als die Polizei jedoch weiter vorrückte, zogen sich die Demonstranten in die Reithalle zurück. Insgesamt wurden mehrere Personen für Abklärungen auf eine Polizeiwache gebracht.
Zwei «Vorfälle» mit Autos
Bereits vor der Eskalation am Nachmittag hatte die Polizei den Teilnehmern der unbewilligten Demonstration einen alternativen Versammlungsort angeboten. Diese hätten sich polizeilichen Anordnungen jedoch widersetzt. Darauf räumte die Polizei den Platz.
Beide Gruppierungen seien mit «Schlaggegenständen» bewaffnet und nur schwer zu trennen gewesen. Die Polizei setzte Tränengas und Gummischrot ein. Kurden machten nach den Ereignissen der Polizei den Vorwurf, einseitig gegen sie vorgegangen zu sein.
Die Polizei berichtete zudem von zwei Vorfällen mit Fahrzeugen. Ein Fahrer sei in eine Personengruppe gerast. Dabei wurden zwei Personen derart verletzt, dass sie mit der Ambulanz ins Spital gebracht werden mussten. Auch der Lenker des Fahrzeugs musste hospitalisiert werden. Zudem wurde ein weiterer Autofahrer verletzt. Wie es dazu kam, muss nun geklärt werden, da die Zeugenangaben unterschiedlich sind.
Video zeigt Angriff
Ein Video zeigt, wie ein Auto in eine Menschenmenge rast:
Ein Leser hat 20 Minuten ein weiteres Video geschickt, das den Vorfall aus einer anderen Perspektive zeigt:
«Türken wurden von Anhängern der PKK mit Steinen beschossen», berichtete ein Leserreporter zuvor. Die Polizei habe lange zugeschaut, dann aber doch noch eingegriffen. «Mit Gas-Bomben schossen die Polizisten auf die Demonstranten», berichtet er weiter.
Laut Darstellung einer kurdischen Demonstrantin wollten Kurden eine Kundgebung von türkischen Nationalisten stören.
Ambulanz vor Ort
In der Berner Innenstadt fuhren mehrere Ambulanzen auf und transportierten Verletzte ab. Ein weiterer Leserreporter berichtet über «agressive Zustände». Die Stimmung sei schon am frühen Nachmittag explosiv gewesen. «Als wir dann am Helvetiaplatz vorbei Richtung nachhause wollten, lagen mindestens zwei Verletzte auf dem Boden – die Ambulanz war bereits vor Ort», erzählt er weiter. Zudem habe er beobachtet, wie Demonstranten Barrieren kaputt traten und Feuerkörper zündeten.
Demonstration gegen Terrorismus
Die Demonstration war offenbar von der «Union für türkische Demokraten in Europa» (UETD) organisiert und nach Angaben der Organisatoren im Vorfeld bewilligt worden, wie ein Mitglied der UETD der Nachrichtenagentur sda sagte. Die UETD steht der türkischen Regierungspartei AKP nahe. Sie seien jedoch keine «türkischen Nationalisten», hielt UETD-Vertreter Hakan Gokbas fest.
Mit der Demonstration hätten sie gegen den «Terrorismus» und den aktuellen Kurdenkonflikt in der Türkei protestieren wollen. Sie seien etwa 100 Personen gewesen. Ihre friedliche Kundgebung sei daraufhin von PKK-Anhängern gestört worden, die mit rund 180 Personen in der Überzahl gewesen seien.
Kirchenfeldbrücke wieder passierbar
Rund vier Stunden nach Beginn von gewalttätigen Zusammenstössen zwischen PKK-Anhängern und offenbar türkischen Nationalisten hatte sich die Situation in der Berner Innenstadt beruhigt. Die Polizei war kurz vor 17.00 Uhr daran, erste Sperren zu entfernen.
Die Kirchenfeldbrücke war für Fussgänger wieder passierbar. Das Gebiet im Bereich Casinoplatz und Helvetiaplatz war für den Verkehr allerdings immer noch nicht passierbar.
Der Polizeieinsatz war auch noch spät am Abend im Gang. (pat/sda)