Riesenrun auf erste Fashionshow mit Kopftuch

Aktualisiert

IZRS zeigt Islam-ModeRiesenrun auf erste Fashionshow mit Kopftuch

Züchtig – aber bitte mit Wow-Effekt! Auf der Suche nach schicken Outfits strömten Hunderte Muslimas an die erste Modenschau des radikalen Islamischen Zentralrats in Dietikon.

N. Jecker
von
N. Jecker

Pailletten, Strass, Stöckelschuhe und jede Menge Make-up: Fast sieht es in den Reppischhallen in Dietikon aus, als fände hier eine ganz normale Fashionshow statt. Ein Unterschied fällt an diesem Sonntagvormittag jedoch sofort ins Auge. Die Besucherinnen des Events tragen zu 99 Prozent weite wallende Kleidung und ein Kopftuch. Kein Wunder: Hier findet die erste Fashionshow des als radikal bekannten Islamischen Zentralrats (IZRS) statt. Schätzungsweise über 500 Frauen sind im Saal. Die Veranstalterinnen rechneten ursprünglich nur mit 200 Personen.

Dass besonders die Jüngeren trotz Hijab – so heisst das Kopftuch der Muslimas – auf aktuelle Trends abfahren, zeigt sich am religiösen Accessoire selbst: Die Tücher der Besucherinnen sind mit Swarowski-Kristallen besetzt, knallpink oder gerne auch im Leoparden- oder Tarnfarben-Print. «Ich besitze mindestens 50 Kopftücher. Es sind für mich Accessoires wie Schuhe oder Handtaschen», sagt Sonja (19), die direkt beim Laufsteg sitzt. Von der Modenschau des Islamischen Zentralrats (IZRS) erhoffe sie sich weitere Inspirationen und Bezugsadressen für angesagte Outfits. «Schick sollen sie sein, aber auch Allah gefallen», sagt dazu Fatma (28) aus dem Aargau.

Männer müssen draussen bleiben

«Wir alle kennen die Probleme beim Shopping in normalen Läden», begrüsst IZRS-Frau und Mitorganisatorin Janina Rashidi ihre «Schwestern». Klamotten müssten in XXL gekauft werden – der Körper einer Muslima darf sich unter der Kleidung nicht abzeichen. Dadurch würden die Sachen formlos aussehen und die Ärmel schier bis zum Boden hängen. «Mit dem Event wollen wir zeigen, dass modische Kleidung, in der man sich gut fühlt, auch islamkonform zu haben ist», sagt die 23-jährige Deutsche, die erst vor rund einem Jahr zum Islam konvertierte.

Die Organisatorinnen haben vier Designerinnen aus dem In- und Ausland eingeladen. Sie präsentieren in mehreren Shows auf dem Laufsteg ihre Kollektionen. Mit und ohne Kopftuch. «Das Tragen des Kopftuchs ist ein Gebot Allahs», sagt Rashidi. «Ich kann aber niemanden dazu zwingen, seine Haare zu bedecken», begründet sie den Entscheid, auch Outfits ohne Kopfbedeckung zuzulassen. Dass sich die Models so zeigen, sei kein Problem. Männern ist der Zutritt zu den Reppischhallen an diesem Tag streng verboten. Damit auch wirklich keiner einen unerlaubten Blick auf die Frauen werfen kann, sind die Rollläden ganz heruntergekurbelt.

«Im Berufsleben ist es schwierig mit Kopftuch»

Die Models hat der IZRS über einen Onlineaufruf gefunden. Rund 30 meldeten sich. Zehn davon stolzieren über den Laufsteg. Bouchra lief in Frankreich bereits an ähnlichen Events. Ein Kopftuch trägt sie bis anhin nur an den Shows. «Ich bin noch nicht so weit, mich komplett für den Hijab zu entscheiden.» Im Berufsleben sei es einfach schwieriger mit Kopftuch, sagt die 26-Jährige, die hauptberuflich für ein grosses Pharmazieunternehmen tätig ist. «Mir sind der Glaube, aber halt auch der Job sehr wichtig.»

Bei aller Lockerheit: Nur um Stoffe und Schnitte geht es am IZRS-Event nicht. Die Fashionshows werden immer wieder unterbrochen von Koran-Rezitationen und Gesangseinlagen, in denen der Islam gepriesen wird. Im Vorfeld hatten liberale Muslimas den Kopftuch-Event harsch kritisiert. Hier werde die Unterdrückung der Frau salonfähig gemacht. Davon will Rashidi nichts wissen. Die Studentin der Islamwissenschaften, die Teilzeit hinter einer Hotelrezeption sitzt, denkt bereits über eine zweite Ausgabe der Fashionshow nach – «Inshallah – so Gott will».

Ein Video vom Laufsteg sehen Sie hier:

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