Tesla-Autopilot ist nicht schuld an Unfall

Aktualisiert

GerichtsentscheidTesla-Autopilot ist nicht schuld an Unfall

Ein Unfallfahrer wollte vor einem Berner Regionalgericht seinen Strafbefehl anfechten: Er habe auf den Autopiloten vertraut. Der Richter liess dies nicht gelten.

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mch/sep
Auch Fahrer von automatisierten Autos müssen die Hände am Steuer und die Aufmerksamkeit auf die Strasse gerichtet haben. Das musste nun ein Tesla-Fahrer lernen, der sich gegen einen Strafbefehl wehrte. Er war 2016 mit einem Anhänger kollidiert und gibt dem Autopiloten die Schuld. Das Strassenverkehrsgesetz ist jedoch eindeutig.
Es ist nicht der einzige Unfall mit einem solchen Fahrzeug. Zwei Monate später kam es zu einem Zusammenstoss zwischen einem Tesla und einem Lieferwagen auf der Autobahn bei Winterthur.
Das Fahrzeug war glücklicherweise nicht schnell unterwegs, weshalb der Unfall glimpflich ausging.
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Auch Fahrer von automatisierten Autos müssen die Hände am Steuer und die Aufmerksamkeit auf die Strasse gerichtet haben. Das musste nun ein Tesla-Fahrer lernen, der sich gegen einen Strafbefehl wehrte. Er war 2016 mit einem Anhänger kollidiert und gibt dem Autopiloten die Schuld. Das Strassenverkehrsgesetz ist jedoch eindeutig.

Keystone/Gaetan Bally

Ein Tesla-Fahrer, der 2016 auf der A1 bei Kernenried ungebremst Tempo in ein Unterhaltsfahrzeug krachte, ist wegen grober Verkehrsregelverletzung verurteilt worden. Der Richter sagte ihm, auch ein Tesla-Fahrer müsse stets Herrscher über sein Fahrzeug bleiben.

Für Nutzer von teilautomatisierten Fahrzeugen wie eben eines Tesla Model S gälten dieselben Regeln wie für alle anderen Automobilisten. Das sagte der Einzelrichter des Regionalgerichts Emmental-Oberaargau bei der Urteilsbegründung am Donnerstag in Burgdorf.

Der Mann sei an diesem Tag im März 2016 schlicht unaufmerksam gewesen. Deshalb sei er in das auf dem Überholstreifen abgestellte Werkhof-Fahrzeug mit Anhänger geprallt, das vor einer Baustelle stand. Vor dem Unfall hatte der Mann zweimal bei voller Fahrt mit seinem Handy hantiert. Er hatte den Autopiloten eingeschaltet und auch ein Aufprallvermeidungssystem war in Betrieb.

Der Mann fühlte sich ungerecht behandelt, weil er gemäss eigenen Aussagen rund zwei Minuten vor dem Unfall das Handy weggelegt hatte, konzentriert war und das Steuer in der Hand hielt. Deshalb hatte er einen Strafbefehl angefochten, worauf es zur öffentlichen Gerichtsverhandlung kam.

Einzelrichter Manuel Blaser bestätigte nun aber die Schuldsprüche wegen grober und einfacher Verkehrsregelverletzung. Er setzte auch mehr oder weniger dasselbe Strafmass fest wie zuvor eine Staatsanwältin, nämlich eine bedingte Geldstrafe von 6600 Franken, eine Verbindungsbusse von 1650 Franken und eine Busse von 450 Franken.

Richter glaubt Tesla-Bericht nicht

Nichts wissen wollte der Richter von einem Einwand der Verteidigerin des aus dem Kanton Freiburg stammenden Unternehmers. Sie hatte darauf hingewiesen, dass gemäss der Datenauswertung des Unfallautos durch die Firma Tesla das vorausfahrende Auto eine bis zwei Sekunden vor dem Crash die Spur gewechselt haben soll.

Wegen dieses brüsken, späten Spurwechsels habe der Beschuldigte die Baustelle nicht gesehen und habe nicht mehr reagieren können, sagte sie vor Gericht. Das sagte auch der Beschuldigte am Donnerstag: Er glaube, dass jeder andere Automobilist in dieser Situation auch einen Unfall gebaut hätte.

Dieser Tesla-Bericht sei keine verkehrstechnische Expertise, sondern ein Herstellerbericht und «mit grosser Vorsicht zu geniessen», sagte hingegen Richter Blaser. Etwas mit dem System im Tesla könne nicht gestimmt haben.

Denn wenn man vom Bericht ausgehe und einen Abstand zwischen vorausfahrendem Auto und Tesla von zwei Sekunden annehme, müsste auch das vordere Fahrzeug ins Werkhoffahrzeug geprallt sein.

Blaser sah auch keinen Anlass, an den Angaben eines am Donnerstag einvernommenen Zeugen zu zweifeln. Bei ihm handelte es sich um den Fahrer desjenigen Autos, das vor dem Tesla fuhr.

Dieser Mann sagte, der Verkehr sei damals zweispurig an der Baustelle vorbeigeführt worden. Es sei problemlos möglich gewesen, die Stelle zu passieren. Zu seinem Erstaunen habe ihn der Tesla links überholt, sei geradeaus weitergefahren und in den Anhänger des Werkhof-Fahrzeugs geprallt.

Unfall mit Tempo 88 bis 109

Der Tesla krachte mit zwischen 88 und 109 km/h ins Werkhof-Fahrzeug. «Wie durch ein Wunder», so der Richter, verletzte sich niemand, auch der Fahrer nicht. Der Unfall sei aber einer der Kategorie «Das darf einfach nicht passieren», so der Richter. Genau so könne man eine grobe Verkehrsregelverletzung definieren.

Es kam aber zu einem Sachschaden von rund 200'000 Franken - 100'000 am Tesla und 100'000 am Unterhaltsfahrzeug. Zudem verursachte der Tesla-Fahrer mit seinem Unfall damals einen etwa zweistündigen Stau in Fahrtrichtung Bern. (mch/sep/sda)

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