BernWeltweit einziges «Haus der Religionen» eröffnet
Das international einmalige Haus der Religionen öffnete am Sonntag seine Pforten. Acht Religionsgemeinschaften sollen unter einem Dach zusammen leben.
Christen, Aleviten, Muslime, Hindus und Buddhisten begehen ihre Kulte nun in ihrer Kirche, ihrem Dergah, ihrer Moschee, ihrem Tempel und ihrem Zentrum. Die Glaubensgemeinschaften feierten am Sonntag mit tausenden Besuchern den Einzug ins neu gebaute Glasgebäude an den Europaplatz im Westen Berns.
«Während überall auf der Welt Glaubenskriege toben, erhalten wir hier die Möglichkeit, andere Religionen kennenzulernen», sagte etwa der Sikh Biramandeep Singh. Krishna-Mönch Christoph Truttmann setzte sich in die Moschee: «Dass Muslime täglich fünfmal beten, gibt mir Disziplin für meine eigene Religion.»
Die muslimische Familie Hoxha freut sich über die offene Einstellung im Haus. «Ich bin Hip-Hopper, meine Frau trägt ein Kopftuch. Das sind beides keine Gründe, einen Menschen zu verurteilen.» Und die konfessionslose Bernerin Lalita Klatt hofft: «Das Haus kann helfen, Klischees abzubauen.»
Auch Juden, Baha'i und Sikhs tragen die Idee mit
Ein Teil dieser Glaubensgemeinschaften lebte den Glauben bisher in Hinterhöfen oder Kellergeschossen. 10 Millionen Franken hat das Gebäude gekostet. Eine Berner Stiftung sorgte für die Finanzierung, die fünf Religionsgemeinschaften mussten für den Innenausbau aufkommen und zahlen Miete.
Auch Juden, Baha'i und Sikhs sind Mitglieder des Vereins, der das Haus betreibt. Sie haben sich aber keine eigenen Sakralräume eingerichtet.
Lange und bewegte Geschichte
Das Haus der Religionen hat eine lange und bewegte Geschichte hinter sich. Den Anstoss dafür gab ein Stadtplaner, der 1998 in einer Studie zur Entwicklung der westlichen Quartiere Berns Massnahmen gegen die Ausgrenzung der kulturellen und religiösen Minderheiten forderte. Im Westen Berns ist der Ausländeranteil besonders gross.
Laut den Betreibern ermögliche die Architektur des Gebäudes, dass die verschiedenen Gemeinschaften den Kontakt miteinander suchen, sich aber auch zurückziehen könnten. Konzipiert ist das Gebäude nämlich so, dass auf den zwei Stockwerken die Sakralräume auf beiden Seiten eines für alle zugänglichen sogenannten «Dialogbereichs» angeordnet sind.
«Wir waren Fantasten, Utopisten, Gutmenschen fernab von jeder Realität», sagte Guido Albisetti, Präsident des Trägervereins. Nun aber stehe das Haus. Die bisherigen Erfahrungen zeigten, dass der gemeinsame Dialog möglich und fruchtbar sei.
Vandalenakt gegen Muslimischen Verein
Ein Haus der Religionen in Bern ist an sich nichts Neues: Kleinere Vorgängergebäude gab es schon mehrere. Neu ist, dass nun eben fünf Gemeinschaften gemeinsam teilweise stattliche Räume beziehen, für deren Gestaltung beispielsweise die Hindus extra Handwerker aus Indien einflogen.
Auch der muslimische Verein Bern verlässt demnächst seine Räumlichkeiten im Länggassquartier und zieht an den Europaplatz. An ihm zeigt sich, dass nicht alle das Projekt gut finden: Im Oktober brachen Unbekannte in die heutige Moschee des Vereins ein, zerstörten ein Modell der Europaplatz-Moschee und verunstalteten ein Bild des Imams.
Dieser führt diese Taten auf den geplanten Umzug des Vereins ins Haus der Religionen zurück. Tagtäglich werde der Verein von konservativen Leuten für diese Pläne kritisiert, so Imam Mustafa Memeti. Er stehe aber nach wie vor zu den Umzugsplänen und habe wegen der Vandalenakte Strafanzeige eingereicht.