«Morgen haben Firmen noch kein Problem»

Aktualisiert

Abstimmungsklatsche«Morgen haben Firmen noch kein Problem»

Economiesuisse-Präsident Heinz Karrer trägt die Schlappe mit Fassung. Wichtig sei nun eine massvolle Umsetzung.

von
D. Waldmeier

Herr Karrer, wie fühlen Sie sich im Moment der Niederlage?

Niederlagen gehören zum Berufsleben. Wir haben mit einem knappen Resultat gerechnet und bis zum Schluss gehofft. Die Bevölkerung hat einen Entscheid gefällt und das ist zu akzeptieren. Die Initiative muss nun umgesetzt werden, und wir werden uns dabei einbringen.

Haben Sie eine Erklärung für die Niederlage? Haben Sie die Ängste in der Bevölkerung nicht genug ernst genommen?

Es ist uns im Abstimmungskampf gelungen aufzuzeigen, welch grosse Bedeutung die Personenfreizügigkeit für die Wirtschaft und die Schweiz hat. Wir haben aber auch gemerkt, dass die Verunsicherung in der Bevölkerung gross ist. Die Befürworter haben Themen wie Wohnungsnot, überfüllte Züge oder den Druck auf dem Arbeitsmarkt sehr stark ins Zentrum gestellt. Vielleicht haben Politik und Wirtschaft in den letzten Jahren zu wenig nach Lösungen und Antworten gesucht, um diesen Ängsten entgegenzutreten.

Haben Sie im Abstimmungskampf Fehler gemacht?

Wirtschaft und Politik haben versucht, eine möglichst breite Allianz über Parteien und Verbände hinweg zu schmieden. Das war auch im Nachhinein sicher richtig. Die Nein-Allianz hätte sich eventuell noch mehr engagieren und noch mehr mobilisieren sollen. Aber «hätte, wäre, wenn»: Es ist, wie es ist, und das ist zu akzeptieren.

Treten Sie jetzt als Economiesuisse-Präsident zurück?

Diese Frage stellt sich nicht. Es geht jetzt um die Umsetzung: Wie soll das Kontingentierungssystem ausgestaltet werden? Hier sind wir enorm gefordert, zumal schon die nächsten aussenpolitischen Abstimmungen vor der Türe stehen.

Wie soll die Umsetzung aussehen?

Bei der Ausgestaltung des Kontingentsystems ist eine massvolle Umsetzung wichtig, bei der auch die Interessen der Wirtschaft gewahrt bleiben. Die Frage ist, wie dynamisch man das Kontingentsystem umsetzen kann.

Was erwarten Sie nun für eine Reaktion aus Europa? Wird die Schweiz das Personenfreizügigkeitsabkommen kündigen müssen?

Das Verhältnis mit der EU ist mit dem heutigen Tag anspruchsvoller geworden, die Personenfreizügigkeit ist ein Grundrecht in der EU. Der Bundesrat wird nun eine Lageanalyse machen und erste Gespräche mit den Vertretern der EU führen. Im Moment gibt es mehr Fragen als Antworten.

Sie haben im Abstimmungskampf vor den schlimmen Folgen der Initiative für die Wirtschaft gewarnt. Geht es mit der Wirtschaft nun bachab?

Morgen werden die Unternehmen noch keine Probleme haben, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden. Aber Experten rechnen mit zwei bis drei Jahren, bis die Umsetzung klar ist. Dieses Unsicherheitsklima ist für Investitionen sicher nicht förderlich.

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