Dr. EnergyWie sauber ist Solarenergie wirklich?
Für die Herstellung von Solarpanels ist viel Energie nötig. Kann diese durch den erzeugten Strom überhaupt kompensiert werden? Unser Experte klärt auf.
Es würde mich interessieren, ob es sich lohnt, heutzutage Photovoltaikanlagen in der Schweiz einzubauen. Kann ein Solarpanel über seine Lebensdauer mehr Energie umwandeln, als für die Herstellung und spätere Entsorgung benötigt wird? Es wird auch immer wieder auf die Gefahr durch das enthaltene Cadmiumtellurid hingewiesen. Wie sieht es diesbezüglich aus? Patrik aus Hedingen
Lieber Patrik
Photovoltaik und graue Energie ist erstaunlicherweise ein Dauerthema, obwohl die Faktenlage ganz klar ist: Nach bereits weniger als drei Jahren hat ein Solarpanel die graue Energie amortisiert, die zu seiner Herstellung aufgewendet worden ist (siehe folgende Berechnung). Die Hersteller von Photovoltaik-Modulen zur Stromerzeugung geben Garantien zwischen 20 und 25 Jahren ab. Die effektive Lebensdauer der Module liegt aber schätzungsweise bei 30 bis 40 Jahren. Womit die Rechnung in jedem Fall aufgeht!
Nebenbei sei noch bemerkt, dass ein grosser Teil der Stromproduktion aus Anlagen stammt, die mehr Energie verbrauchen, als dass sie elektrische Energie erzeugen. Es sind dies Atomkraftwerke, Gaskraftwerke oder Kohlekraftwerke. Diese Anlagen müssen nämlich mit Brennstoffen (Uranbrennstoff, Erdgas oder Kohle) versorgt werden, von welchen nur eine beschränkte Menge vorhanden ist. Die Bilanz an grauer Energie ist hier darum von Anfang negativ und verschlechtert sich mit jedem Tag.
Maximale Produktion bei Neigung von 30 Grad
Wie viel Elektrizität aus der eingestrahlten Sonnenenergie herausgeholt werden kann, hängt einerseits von der eingesetzten Technologie ab: In der Schweiz werden fast ausschliesslich monokristalline Zellen und polykristalline Zellen auf Siliziumbasis eingesetzt, welche die besten Wirkungsgrade aufweisen. Eine andere Kategorie bilden Dünnschichtzellen, die vom Wirkungsgrad etwas schlechter sind.
Eine zweite Frage ist die Platzierung der Anlage: Obwohl eine maximale Produktion bei einer Südausrichtung und einer Neigung von 30 Grad erzielt würde, zeigt sich, dass eine sogenannte Ost-West-Anlage wirtschaftlich gesehen besser ist: Die Produktion verteilt sich im Tagesverlauf besser, was den Vorteil hat, dass der Anteil der selbst nutzbaren Elektrizität höher ist.
Was die Entsorgung der Photovoltaik-Module betrifft, sind wir ebenfalls vorbildlich: Wie bei einem Staubsauger wird beim Kauf eine vorgezogene Entsorgungsgebühr bezahlt. Das in den Modulen enthaltene Silizium (übrigens das zweithäufigste Element der Erdrinde und völlig ungiftig) und die anderen Bestandteile lassen sich zudem problemlos rezyklieren. In der Schweiz gibt es einige wenige Dünnschichtanlagen mit Cadmiumtellurid – meines Wissens weniger als eine Handvoll. Ich habe mich persönlich erkundigt und festgestellt, dass der Hersteller über eine vorbildliche Entsorgungskette verfügt.
Besser Solarmodule statt Dachziegel
Es ist mir noch wichtig, darauf hinzuweisen, dass in jedem Produkt graue Energie gespeichert ist. Der Aufwand zur Herstellung von Dachziegeln und PV-Modulen aber unterscheidet sich nicht gross. Wer also sinnvollerweise sein Dach mit PV-Modulen statt Dachziegeln deckt, spart Geld und Energie. So werden Dachziegel – denkmalgeschützte Objekte vielleicht ausgenommen – langfristig der Vergangenheit angehören.
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Die Energy Challenge 2016 ist eine nationale Aktion von Energie Schweiz und dem Bundesamt für Energie rund um die Themen Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Als Medienpartner beleuchtet auch 20 Minuten den Themenschwerpunkt mit Grafiken, Reportagen und Interviews. Weitere Informationen gibt es in der offiziellen App, die hier für Android und hier für iOS heruntergeladen werden kann.

Dr. Energy
Jules Pikali, Dipl. Ing. ETH, ist Energieexperte und berät Haushalte, Gemeinden und Unternehmen in Sachen Energieffizienz. Mit seiner Firma OekoWatt ist er seit 2001 in der Energieberatung tätig. Pikali sieht sich als Allrounder, der verschiedene Sparmassnahmen aufeinander abstimmt. «Die Leute wissen heute schon sehr viel über Energieeffizienz, doch für die Umsetzung braucht es einen ganzheitlichen Blick», sagt Pikali.