«Energieneutrales Haus ist eine Meisterleistung»

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Brütten ZH«Energieneutrales Haus ist eine Meisterleistung»

Neun Wohnungen im «ersten energieautarken Mehrfamilienhaus der Welt» sind bezugsbereit. Bundesrätin Doris Leuthard zeigte sich bei der Einweihung begeistert.

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Gemäss der Bauherrschaft ist dies «das erste energieautarke Mehrfamilienhaus der Welt». Möglich machen das eine Solarfassade und innovative Speichermöglichkeiten.
Bundesrätin Doris Leuthard bezeichnete das Haus, das ohne Anschluss an das Stromnetz auskommt, als «Weltmeisterleisung».
In den nächsten Wochen werden die Bewohner in die insgesamt neun Wohnungen einziehen. An der Hausbesichtigung begrüsste Bundesrätin Doris Leuthard die Familie Vogt, die in Zukunft im energieautarken Haus wohnen wird.
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Gemäss der Bauherrschaft ist dies «das erste energieautarke Mehrfamilienhaus der Welt». Möglich machen das eine Solarfassade und innovative Speichermöglichkeiten.

Keystone/Siggi Bucher

Als «Weltmeisterleisung» bezeichnete Bundesrätin Doris Leuthard das nach Angaben der Bauherrschaft «erste energieautarke Mehrfamilienhaus der Welt», das am Montag in Brütten bei Winterthur eingeweiht wurde. Die Energieministerin fand beim Hausbesuch nur lobende Worte: Man könne stolz darauf sein, dass die Schweiz die Welt mit solchen Technologien weiterbringe. Sie hofft, dass das Beispiel tausendfach kopiert werde.

Damit sich das Mehrfamilienhaus komplett vom Stromnetz abkoppeln kann, waren verschiedene Innovationen nötig. Neben dem Dach ist auch die Fassade vollständig mit Solarpanels ausgekleidet. Das hat laut Architekt René Schmid den Vorteil, dass die Solarfassade auch im Winter mithilfe der tief stehenden Sonne Strom erzeugt.

«An die Technik müssen wir uns erst noch gewöhnen»

Damit diese Energie auch gespeichert werden kann, haben die Planer auf Warmwasser- und Wasserstofftanks gesetzt. Die überschüssige Energie, die die Panels im Sommer liefern, wird in Warmwassertanks gespeichert. Ebenfalls wird Energie in Wasserstoff eingelagert, die dann im Winter wieder herausgelöst und in Strom und Wärme umgewandelt wird. Zudem produziert die Solarfassade im Sommer so viel Strom, dass damit noch ein Elektroauto für 10'000 Kilometer betrieben werden kann. Laut der Bauherrschaft müssen die Bewohner keinerlei Einschränkungen in ihrem Lebensstil befürchten – dennoch hat das Haus nur einen halb so grossen Energiebedarf wie eines, das mit konventioneller Bauweise errichtet wurde.

Doch auch wenn laut Angaben der Architekten und Planer ein Strommangel im Winter ausgeschlossen ist und keiner der Bewohner frieren muss, sind die zukünftigen Mieter zu Sparsamkeit angehalten. Per Tablet können sie ihren Energieverbrauch in Echtzeit verfolgen und sich mit ihren Nachbarn vergleichen. «An die Technik müssen wir uns aber erst noch gewöhnen», sagt Corinne Vogt, die in zwei Wochen mit ihrer Familie in eine der neun Wohnungen einzieht.

Wer wenig Energie braucht, erhält Geld zurück

Dass sie aber mit ihrem Energieverbrauch zu oft über die Stränge schlagen könnten, glaubt Vogt nicht: «Wir wohnen zurzeit noch in einem alten Bauernhaus mit Elektroheizung, da gingen wir jeweils schon sparsam mit der Energie um, weil uns sonst eine riesige Stromrechnung ins Haus geflattert wäre.» In Zukunft wird die Familie keine Stromrechnung mehr erhalten. Jedoch werden die Bewohner nach einem Bonus-Malus-System bewertet: Wer wenig Energie verbraucht, erhält Geld zurück, wer die Energiereserven des Hauses übermässig strapaziert, zahlt nach.

Die Ansprache nach der Hausbesichtigung nutzte Energieministerin Leuthard dafür, eine Werbeschaltung für die bundesrätliche Energiestrategie einzulegen: Solche Leuchtturmprojekte seien der Beweis, dass es sich bei der Selbstversorgung mit erneuerbaren Energien nicht um «eine Fantasterei» handle. «Diese innovativen Projekte können den Werkplatz stärken und Jobs für die Zukunft schaffen.» Bei allem Lob für die Energiepioniere blieb noch Platz für Selbstkritik: «Gute Ideen scheitern auch teilweise an der Bürokratie.» Nach einem Spässchen zum Schluss («Auch die warme Luft aus dem Bundeshaus könnte man in Energie umwandeln») kappte Leuthard die symbolische Stromleitung zum energieautarken Haus. Danach stand für die Bundesrätin aber bereits der nächste Termin an und sie brauste alsbald wieder in ihrem schwarzen Tesla davon.

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Die Energy Challenge 2016 ist eine nationale Aktion von Energie Schweiz und dem Bundesamt für Energie rund um die Themen Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Als Medienpartner beleuchtet auch 20 Minuten den Themenschwerpunkt mit Grafiken, Reportagen und Interviews. Weitere Informationen gibt es in der offiziellen App, die hier für Android und hier für iOS heruntergeladen werden kann.

Das Haus besichtigen

Ein Modell des energieautarken Hauses in Brütten kann in der Umweltarena Spreitenbach, die den Bau in Auftrag gegeben hat, besichtigt werden. Die Ausstellung zeigt mit einem Grossmodell, wie es durch technische Lösungen möglich ist, ein Haus komplett unabhängig vom Stromnetz zu versorgen. Ebenfalls werden weitere aktuelle Trends und Innovationen in der Umwelttechnik vorgestellt.

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