Egerkingen SOPolitikerin wegen Steuerpranger angezeigt
Egerkingens Gemeindepräsidentin Johanna Bartholdi ist seit dieser Woche in der ganzen Schweiz bekannt: Sie nannte die Namen von sechs Steuersündern. Jetzt büsst sie vielleicht für ihren Mut.

Egerkingens Gemeindepräsidentin Johanna Bartholdi prangte säumige Steuerzahler öffentlich an. Jetzt wurde sie deswegen angezeigt. (Archivbild Juni 2000).
Gegen die Gemeindepräsidentin von Egerkingen SO, die an der Gemeindeversammlung die Namen von sechs Steuersündern öffentlich nannte, sind zwei Strafanzeigen wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses eingereicht worden. Mit dem Steuerpranger will die Gemeinde die Zahlungsmoral verbessern.
Eine der beiden Strafanzeigen sei von anonymer Seite eingegangen, sagte der Solothurner Oberstaatsanwalt Hansjürg Brodbeck. Er bestätigte einen Bericht der Zeitung «Blick».
Gemeindepräsidentin Johanna Bartholdi (FDP) hatte am Montagabend an der Gemeindeversammlung die Namen von sechs Personen verlesen, die ihre Steuern seit länger Zeit nicht bezahlen.
Bartholdi und der gesamte Gemeinderat begründeten den Steuerpranger damit, dies sei der «einzig mögliche Weg, den Missbrauch im Bereich der Steuerpflicht zu bekämpfen». Das persönliche Interesse dieser Steuerschuldner sei geringer einzuschätzen, «da sie mit ihrem Verhalten, das in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft, das gesamte Gemeinwesen unterhöhlen».
Amtsgeheimnis und Steuergeheimnis
Die Gemeindepräsidentin hatte sich mit dem Vorgehen der formellen Empfehlung der kantonalen Beauftragten für Information und Datenschutz widersetzt. Es besteht gemäss der Beauftragten keine Rechtsgrundlage für die Bekanntgabe der Namen der Steuerschuldner.
Die Informationen würden dem Amtsgeheimnis und zusätzlich dem Steuergeheimnis unterstehen. Beim Verwaltungsgericht ist eine entsprechende Beschwerde der Datenschutzstelle hängig. Das Verwaltungsgericht klärt ab, ob der Gemeindepräsidentin von Seiten des Kantons ein Strafverfahren droht. (sda)